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Die Freiheitsstatue als Symbol für mehr Frauenförderung in den Wissenschaften? Der Weg in die USA ist für viele heimische Forscherinnen auch eine Flucht vor unterschwelliger Benachteiligung.

Foto: APA/EPA/Justin Lane
DER STANDARD hat bei einigen von ihnen nachgefragt, ob und warum es "drüben" tatsächlich besser ist als "herüben".

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"Amerika, du hast es besser als unser Kontinent, der alte." Die geflügelten Goethe-Worte aus dessen Gedichtsammlung "Zahme Xenien" mögen angesichts der aktuellen politischen und wirtschaftlichen Situation der Supermacht etwas überholt scheinen. Für Frauen in der Forschung scheinen sie aber allemal noch zuzutreffen - zumal für solche aus Österreich.

Verlässliche Schätzungen, wie viele in Österreich ausgebildete Wissenschafterinnen in den vergangenen Jahren in den USA und Kanada Karriere gemacht haben, gibt es nicht. Nachfragen des Standard bei immerhin rund einem Dutzend von ihnen haben aber eindeutig ergeben, dass die Situation für Forscherinnen "drüben" im Vergleich zu "herüben" insgesamt als besser beurteilt wird.

"Ich denke, die USA sind Europa einfach zeitlich ein wenig voraus", meint etwa Karolin Luger (45), Strukturbiologin an der Colorado State University, wo sie es als jüngste Uni-Angehörige zum "University Distinguished Professor" gebracht hat. Frauen in den Naturwissenschaften seien auch in den USA immer noch eine Minderheit, "aber wir sind keine Exoten mehr und müssen nicht ständig beweisen, dass wir das Zeug dazu haben", so Luger.

Aber auch in den Geistes- und Kulturwissenschaften scheint das Karriereklima für Frauen in der Forschung günstiger zu sein - nicht zuletzt deshalb, weil an US-Universitäten das Leistungsprinzip mehr zählt als hierzulande. "Produktive Leute werden belohnt, und Frauen erfahren keine systematischen Nachteile" meint die Japanologin Sabine Frühstück, die seit acht Jahren an der University of California Santa Barbara lehrt und forscht.

Warum sie in die USA ging, hatte mehrere Gründe: Neben "unterschwelligen Bevorzugungen von männlichen Kollegen" auch "mangelnde wissenschaftliche Karriereaussichten". Für die produktive Kulturwissenschafterin hat sich der Sprung über den großen Teich in jeder Hinsicht ausgezahlt: Seit 2006 ist die heute 42-Jährige "Full Professor" - und damit ganz oben auf der Karriereleiter angelangt.

Frauen an der Uni-Spitze

"Kolleginnen in Leitungspositionen sind ein absolutes Vorbild für mich", sagt die Neurologin Dorothea Strozyk, "und ich bin auf meinem Weg hier in den USA vielen erfolgreichen Frauen begegnet." Die 32-Jährige lebt seit sieben Jahren in den USA, wo auch sie gelernt habe, selbstsicher zu sein. Zurzeit forscht sie an der renommierten Harvard Medical School in Boston.

Harvard ist seit rund einem Jahr - neben den Eliteschmieden Princeton, Brown und University of Pennsylvania - eine der vier Ivy-League-Universitäten, die von einer Frau geleitet werden. Der Ivy League gehören insgesamt acht Unis an, was nach Adam Riese 50 Prozent weibliche Präsidenten macht. Auch dem M.I.T., der beste Technischen Hochschule der Welt, und insgesamt 23 Prozent der US-amerikanischen Universitäten stehen Frauen vor.

Eine frauenfreundliche Politik an den Unis sei aber nicht erst durch diese Präsidentinnen eingeführt worden, meint die Germanistin Maria-Regina Kecht, die seit zehn Jahren als Professorin an der privaten Elite-Universität Rice in Houston, Texas, arbeitet. "Das ist über die letzten 20 Jahre peu à peu passiert, weil eben so viele PhDs (Doktoren, die Red.) weiblich sind und die in die Stellen drängen."

Eine dieser Doktorinnen ist Judith Höfer, die nach einem zweijährigen Aufenthalt in Kanada und einem kurzen Zwischenspiel in Zürich wieder auf dem Sprung nach "drüben" ist. Die 28-jährige Kardiologin und Hobby-Triathletin weist auf einen weitere wichtigen Faktor hin, der für ihre Ortswahl eine wichtige Rolle spielte.

Kind-und-Karriere-Fragen

"Mutter zu sein ist in Kanada kein Hindernis für eine glänzende wissenschaftliche Karriere, im Gegenteil", so Höfer. Das liegt wohl auch an den Männern: "Mein Chef in Toronto ist mit einer sehr erfolgreichen Ärztin verheiratet. Für ihn war es selbstverständlich, eine Zeitlang die Erziehung der Kinder zu übernehmen."

"Die Karriere-und-Kind-Frage sieht hier etwas anders aus als in Österreich", meint auch die Japanologin Frühstück, selbst Mutter einer kleinen Tochter. "Wenn man hier ein Kind schon als Baby in eine Kinderkrippe gibt, wird man nicht gleich als Rabenmutter betrachtet." Die Kindergärten hätten entsprechend lange offen, seien aber auch teuer.

"Kinderbetreuung ist in den USA ebenfalls ein Problem", bestätigt Karolin Luger, die ebenfalls Mutter einer Tochter im Kindergartenalter. "Was hinzukommt, ist, dass Mutterschaftsurlaub besonders für Doktorandinnen und Postdocs nicht geregelt ist." Österreich sei diesbezüglich sogar fortschrittlicher.

Als das Hauptproblem "herüben" sieht die Topforscherin den "verdeckten Sexismus bei Männer wie bei Frauen." Den auszutreiben brauche viel Zeit und Geduld. "Aber ich denke, dass Österreich auf einem guten Weg ist." (Klaus Taschwer/DER STANDARD, Printausgabe, 11.6.2008)