Lazar Lyutakov hat mit billigster Massenware aus Plastik, Papierkörben, Friedhofsvasen und Blumentöpfen, mit Handwerksgeschick Designobjekte kopiert: Wertschöpfung?

Foto: Galerie Winiarzyk
"Was im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit des Kunstwerks verkümmert, das ist seine Aura", befürchtete Walter Benjamin 1936. Die Ersatz-Aura werde von der Inszenierung übernommen, meinte der Philosoph und sollte Recht behalten. Mit der Auratisierung von Künstlern, Museen und Inszenierungen war erst einmal alles wieder gut.

Im 21. Jahrhundert heißt die Steigerungsstufe von technischer Reproduzierbarkeit auch "aus dem Internet ausgedruckt": Solche Fundstücke, verkitschte Aufnahmen von Segelschiffen, die mehr an Stickvorlagen und Puzzlemotive erinnern denn an die mit Macht und Prosperität aufgeladenen maritimen Gemälde holländischer Meister, hat sich der bulgarische Künstler Lazar Lyutakov angeeignet. Wie aber dem doppelten Verlust an Wertigkeit, dem inhaltlichen wie formalen, begegnen? Lyutakov versieht die seelenlosen Ausdrucke mit seiner Handschrift, fertigt Originale. Er veredelt mit dem Flair einer Galerie und künstlerischem Geschick, denn vor seinem Studium bei Muntean & Rosenblum lernte der 1977 geborene Lyutakov das Handwerk des Kunstzeichnens.

Diese Umkehrung alleine wäre fad, würden die Schiffe, Symbole des Warentransports und prosperierenden Handels, nicht zu einer weiteren Verkehrung, zu absurden Ökonomien führen: In Vietnam, wo Lyutakov einige Monate verbrachte, ist Handarbeit so billig, dass Geschirr aus ungebranntem Ton nach Gebrauch einfach zerschmissen wird. Einfachste Kessel, Schalen, Kannen, die in ihrer primitiven Machart gar an Antiken denken lassen, wurden von ihm in eine vom MAK angemietete und professionell ausgeleuchtete Museumsvitrine gesteckt.

In "Coming back from where you are going to" ("Du erzählst mir nichts Neues") treibt Lyutakov sein geschicktes Spiel mit der kulturellen Aneignung noch weiter. Seine eigene Sozialisierung im Kommunismus aufgreifend, benutzt er russische Bastelanleitungen, die das billige Kopieren von unerreichbarer Designerware ermöglichten, und befriedigt mit "teurer" Handarbeit die Begehrlichkeit nach Design zum kleinen Preis. (kafe / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12.6.2008)