Nach dem Nein der Franzosen und Niederländer zur EU-Verfassung war die Erleichterung in Westminster mit Händen zu greifen. Nachdem diesmal aber die irischen Nachbarn der Reform der Brüsseler Institutionen eine Absage erteilt haben, tut die britische Regierung so, als sei nichts gewesen. Demonstrativ griff Premierminister Gordon Brown am Freitagvormittag zum Telefon und versicherte dem kommenden EU-Ratspräsidenten Nicolas Sarkozy: Wir halten an der Ratifizierung fest.

Die Debatte über den Lissabonner Vertrag hat im Frühjahr das Unterhaus mehrere Wochen lang beschäftigt. Erbittert wurde über die Frage gestritten, ob die Briten wie die Iren über Europas jüngsten Integrationsversuch abstimmen sollten. Schließlich hatten bei der vergangenen Unterhauswahl 2005 alle großen Parteien ein Referendum über die EU-Verfassung versprochen.

Weil das Lissabonner Dokument „ein ganz neuer Vertrag“ sei, wie Premierminister Brown beteuerte, mochte sich die unpopuläre Labour-Regierung aber nicht an ihr Versprechen halten. Mit solider Mehrheit wurde der Vertrag im Unterhaus verabschiedet, auch im Oberhaus setzten sich die Befürworter bei allen bisherigen Abstimmungen durch. Die dritte Lesung ist für kommende Woche vorgesehen. Bei diesem Zeitplan solle es auch bleiben, beteuert ein Sprecher des Außenministeriums: „Wir haben 98 Prozent geschafft, wir wollen jetzt nicht anhalten.“

Die EU-Gegner in Großbritannien zeigten sich begeistert über das irische Votum. „Der Vertrag ist tot“, sagte der konservative Unterhaus-Abgeordnete David Heathcot-Amery, der für die Tories am ursprünglichen Verfassungskonvent teilgenommen hatte. (Sebastian Borger aus London/DER STANDARD, Printausgabe, 14./15.6.2008)