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"Wo ist mein Haus-/Facharzt?": am Montag jedenfalls nicht in seiner Ordination, da streiken die Ärzte gegen die von der Regierung geplante Gesundheitsreform.

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Ärzte informieren die Bürger bei Protestveranstaltungen über ihre Beweggründe.

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Ein Notbetrieb sei gewährleistet, versichern die Ärzte vor ihrem Streiktag, und Ärztekammer-Präsident Walter Dorner versucht zu beruhigen: „Kein Patient muss Sorge haben.“ Weitere Protestaktionen sind bereits geplant.

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Wien – „Wir müssen ja streiken“, seufzte die Ordinationshilfe eines Augenarztes im 6. Wiener Gemeindebezirk schon im Vorfeld des Ärztestreiks ins Telefon, um zu erklären, warum am Montag keine Ordination abgehalten wird. Am heutigen Streiktag selbst hat man gar nicht die Gelegenheit, mit Ordinationshilfen zu sprechen. Stattdessen ist auf den Anrufbeantwortern der Arztpraxen folgender Satz zu hören: „Österreichs Ärzte müssen aus Protest heute schließen, damit sie auch in Zukunft noch für Sie offen halten können.“ Ähnliche Erklärungen sind auf den an den Eingangstüren der Praxen aufgeklebten Informationsplakaten zu lesen.

Die Ärzte haben sich auf die Ordinationsschließungen gut vorbereitet. Geht es nach der Ärztekammer (ÄK), halten alle rund 15.000 Ordinationen aus Protest gegen die Gesundheitsreform geschlossen. „Wir nehmen an, dass alle mitmachen“, sagt Martin Stickler, der Sprecher der Ärztekammer, auf Anfrage des Standard, „uns wurde nichts Gegenteiliges mitgeteilt.“

Bei einer Generalversammlung der Ärztekammer Anfang Juni wurde der Beschluss der Ordinationsschließungen einstimmig gefasst. Es streiken nicht nur Hausärzte, sondern auch Fach- und Wahlärzte, nicht aber Zahnärzte.

Um die medizinische Versorgung dennoch sicher zu stellen, wurde ein verstärkter Notbetrieb in allen Bundesländern organisiert. Mit Ausnahme von Wien wird in allen Bundesländern pro Bezirk eine Ordination eines Allgemeinmediziners geöffnet bleiben. Die fachärztliche Betreuung soll im Notfall über die Spitalsambulanzen erfolgen. In Wien können sich Patienten unter der Telefonnummer 141 (Ärztefunkdienst) informieren, wo sie ärztliche Versorgung bekommen. Auch auf den Webseiten der jeweiligen Bundesländer-Ärztekammer sind die Informationen nachzulesen. „Kein Patient muss Sorge haben, im Notfall nicht entsprechend versorgt zu werden“, versicherte der Präsident der Ärztekammer, Walter Dorner.

Müßiggang wollen sich die streikenden Ärzte am Streiktag aber nicht vorwerfen lassen. In den einzelnen Bundesländern finden parallel zum Ordinationsschließtag zahlreiche Veranstaltungen statt: Von Fortbildungsveranstaltungen über Podiumsdiskussionen, Vorsorgechecks bis zu Gesundheitsberatung reicht das Angebot.

Am Dienstag beginnen im Parlament im Sozialausschuss die angekündigten weiterführenden Debatten der Parlamentarier über die Gesundheitsreform. Gut 30 Betroffene und Experten sollen im Hohen Haus ihre Sicht der Dinge darlegen. Insgesamt soll der Ausschuss dreimal tagen: Neben der Sitzung am Dienstag, soll es am 24. Juni ein öffentliches Hearing und am 1. Juli eine weitere Sitzung geben. Ärztekammer-Präsident Walter Dorner setzt in den Sozialausschuss große Hoffnung: Er ist „guter Dinge, dass das Parlament ein anderes Vorgehen wählt“ als die Regierung.

Drastische Maßnahmen

Sollte der Streik nicht die gewünschte Wirkung erzielen, sind weitere Protesttage am 26. und 27. Juni sowie am 7., 8. und 9. Juli geplant. Der niederösterreischische Ärztekammerpräsident Christoph Reisner erklärte aber: „Wir hoffen natürlich, dass diese drastischen Maßnahmen nicht umgesetzt werden müssen und die Regierung zur Vernunft kommt.“ (Rosa Winkler-Hermaden/DER STANDARD, Printausgabe, 16.6.2008)