Das Hochzeitsgeschenk an Marie Antoinette brachte 1991 3,68 Millionen Euro

Foto: Ader Tajan

Paris – Frankreich schlachtet das kontradiktorische Image der guillotinierten Königin Marie Antoinette (1755–1793) kommerziell aus. Sie wurde geliebt und gehasst. Dennoch scheute man in der noch bis zum 30. Juni laufenden Schau im Grand Palais keine Mühen: Der kanadische Opernregisseur Robert Carsen entwarf ein Theaterdekor, in dem er 285 Exponate präsentiert, die den exquisiten Geschmack der jungen Königin beweisen. Das Wiener Kunsthistorische Museum, die Bundesmobilienverwaltung, die Akademie der bildenden Künste und die Österreichische Nationalbibliothek liehen ebenso großzügig wie das Schloss Versailles, das die Ausstellung koproduziert.

3500 Zuschauer bestaunen täglich Gemälde, Möbel und Kunsthandwerkgegenstände, Grafik, Zeichnungen und Autografen sowie weiters Pamphlete gegen die wegen ihrer kostspieligen Lebensführung kritisierte Marie Antoinette. "Es gibt viele von ihr signierte Zahlungsaufträge", bemerkt der Pariser Autografenexperte und Händler Alain Nicolas.

"Handgeschriebene Briefe sind jedoch ziemlich selten und vor allem sehr gesucht." In den Auktionsannalen gab es nur ein Billett mit der Unterschrift Marie Antoinettes, das sie aus dem Gefängnis vor der Hinrichtung 1793 an ihren Schwager, den Comte d’Artois, adressierte. Es notierte beim Auktionshaus Piasa im Drouot am 21.Mai 2003 mit fast 23.000 Euro. Ganz offensichtlich profitiert der Kunstmarkt schon lange von der Provenienz "Marie Antoinette". Laut dem Möbelexperten Bill Palott (Galerie Aaron, Paris) ist Marie Antoinette die absolute Spitzenherkunft. Sie verdoppelt schlicht und einfach die Toppreise für außergewöhnliche Möbel aus der Zeit von Ludwig XVI. Zum eindeutigen Nachweis der Provenienz muss ein Möbel oder Kunsthandwerkgegenstand zweifach gestempelt und im Verzeichnis der Schlösser-Möbeldepots mit dem Lieferdatum des Kunstschreiners eingetragen sein.

Paradebeispiel dafür ist ein von Martin Carlin gefertigtes Schmuckkästchen-Möbel aus Rosenholzfurnier mit bemalten Sèvres-Porzellan-Platten, das Marie Antoinette 1770 zur Hochzeit erhielt. Am 7.11.1991 war es bei Ader Tajan (Sammlung Roberto Polo) für umgerechnet 3,68 Millionen Euro dem Bankier Jean-Marc Vernes zugeschlagen worden. Aus seinem Nachlass kam es ins Schloss Versailles, das es jetzt für die Schau leiht.

Seit Jahren gibt es auf dem Markt nichts Ebenbürtiges. Die Galerie Aaron hat ein schlichtes Paar Eckmöbel von Jean-Henri Riesener für 200.000 Euro im Lager; Laurent Kraemer, Paris, besitzt eine kleine Schatulle in seiner Privatsammlung. Bereits vor neun Jahren, am 30. April 1999, erzielten vier vergoldete Doppelarmwandleuchter, die 1781 für Marie Antoinettes Räume im Schloss Versailles geliefert wurden, bei Christie’s New York 1,817 Millionen Dollar.

Das mit internationalem Marketing von Christie’s für den 12. Dezember 2007 in London angekündigte Collier aus Perlen, die Marie Antoinette gehörten, aber erst 1849 für die Herzogin von Sutherland verarbeitet wurden, fand für 350.000 Pfund keinen Abnehmer. (Olga Grimm-Weissert / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19.6.2008)