Was keine Rolle spielt: ob barrierefreie Wanderwege wie jener auf der Ehrenbachhöhe mit dem Kinderwagen oder mit dem Rollstuhl befahren werden. Dennoch sind sie selten.

Foto: TVB Kitzbüheler Alpen / Martin Lugger
Justament und noch dazu mit stetem Blick zum steilen Hahnenkamm gibt es in Kirchberg echte Tiroler, die recht stolz auf flache Wege sind: Zweihundert brettelebene Meter zum Badesee oder zum Tennisplatz und gerade dreihundert Meter bis zur Talstation des Gaisberglifts sind im Bräuwirt das Maß aller Dinge.

Zumindest war es das bis zum Jahr 2006, als sich die Familie Koidl entschloss, die Messlatte auch am eigenen Haus anzulegen. Weniger als ein Jahr dauerten die Umbauarbeiten zum ersten barrierefreien Hotel in den Kitzbüheler Alpen. Seither gibt es hier vom Portal bis zu den Balkonen am eigenen Zimmer keinen Bereich mehr, der Rollstuhlfahrern Unnötiges in den Weg stellt. Zielgruppe des Hotels sind zuallererst die Familien geblieben, auch wenn zahlreiche Organisationen längst ihre Trainingscamps hierherverlegt haben. Unter barrierefreiem Tourismus wurde hier schon vor dem heuer proklamierten "Europäischen Jahr der Chancengleichheit" ein Ansatz verstanden, der Menschen mit besonderen Bedürfnissen den Urlaub im Familienverband ermöglicht.

Ein integratives Erholungs- und Sportangebot aufzubauen ist ohne Vernetzung freilich nicht möglich. So weiß man einerseits beim Bräuwirt, dass der wunderbare Ausblick auf den Hahnenkamm immer unbefriedigend bleiben wird, wenn man nicht auch gleich eine barrierefreie Route dazu kennt. Ein mit der Hahnenkammbahn erreichbarer und dann gut befahrbarer Weg zum Speichersee der Ehrenbachhöhe ist das etwa. Andererseits bedarf es aber auch der aktiven Mithilfe der Tourismusverbände: So wurden erstmals in diesem Sommer auf der gewöhnlichen Karte für Radfahrer auch die fürs Handbike tauglichen Wege eingezeichnet. Tatsächlich sind das nämlich ziemlich viele Kilometer in Richtung Brixen, Kitzbühel und Aschau, die sich dafür eignen.

Barrieren beim Suchen

Als ungesättigter Markt könnte der barrierefreie Tourismus bezeichnet werden - ein weitgehend unsichtbarer ist er in jedem Fall. Genau hier möchte die Anfang der Woche online gegangene Plattform No Barrier Travel ansetzen. Rund 127 Millionen Menschen in Europa sieht die Europäische Kommission unterversorgt - vor allem mit Informationen-, allein in Österreich würden 2,1 Millionen Urlauber mit körperlichen oder Sinneseinschränkungen von so einem zentralen Erfahrungspool profitieren. Die Staatssekretärin für Wirtschaft und Arbeit, Christine Marek, geht nun davon aus, dass Österreich als erstes Land mit einer eigenen Internet-Community für beeinträchtigte Reisende auf dieses Bedürfnis der Sichtbarmachung reagiert habe.

NoBaTravel.at listet zum Start 179 barrierefreie Unterkünfte in Österreich auf. Der erwähnte Bräuwirt, der gemeinsam mit dem Hotel Weisseespitze im Kaunertal als das einzige komplett barrierefreie Hotel in Österreich gilt, ist hier allerdings noch nicht zu finden. Verantwortlich für die Erwähnung sind nämlich zuallererst die Betriebe selbst und eben auch "die Community", also Reisende, die einen Tipp weitergeben wollen.

Im Zuge der Weiterentwicklung der Plattform sollen auch Informationen zur Anreise und zu Ausflügen integriert werden. Die Qualität der Informationen wird schon jetzt überprüft - und das von mehreren Seiten, denn bei diesem Portal gibt es neben der "NoBa-Bewertung" auch eine "Korrekturmöglichkeit" durch die Benutzer, die die Barrierefreiheit der Unterkünfte oft ein wenig anders einschätzen - oder unterschiedlich gewichten. Das wird bei der Bewertung allerdings berücksichtigt, denn sie gibt nicht nur Auskunft über das Kriterium der Zugänglichkeit, sondern auch über die Eignung für Menschen mit optischen oder akustischen Beeinträchtigungen. Informationen, die über die Nennung von Beherbergungsbetrieben hinausgehen, also barrierefreie Angebote zur Gestaltung eines trotz Beeinträchtigung oft sehr sportlich gestalteten Urlaubs in Österreich, werden vorerst leider nur als dezentrale Reiseberichte der Benutzer zugeliefert. (Sascha Aumüller/DER STANDARD/Printausgabe/21./22.6.2008)