Gerfried Sperl, Christian Saehrendt, Ronald Kodritsch, Sigrid Gareis, Konrad Paul Liessmann (von li.).

Foto: Hendrich
Wien – "Jetzt lässt die Kunstgeschichte endlich mal die Hosen runter", verriet der in Berlin lebende Kunstwissenschafter Christian Saehrendt seine stille Vorfreude auf die Mumok-Ausstellung zum Thema "Bad Painting" . Vor Ort war er maßlos enttäuscht: "Jetzt ist das wieder so ein akademischer Airbag geworden" , ein "neuer Kanon, gegen den man sich wieder auflehnen muss" , brach er eine Rechtfertigungsdebatte vom Zaun.

Saehrendt, Autor des Buchs Das kann ich auch! Gebrauchsanweisung für Moderne Kunst und wahrlich kein Freund der später zum akademischen Lehrkörper avancierten "Bad Painters" , war ebenso wie Philosoph Konrad Paul Liessmann, Tanzquartier-Chefin Sigrid Gareis, Künstler Ronald Kodritsch und Mumok-Hausherr Edelbert Köb von Standard-Kolumnist Gerfried Sperl aufs Podium geladen, um die provokante Frage Muss Kunst (wieder) böse sein? zu diskutieren. Für Liessmann stellt sich die Frage so nicht: "Kunst kann nicht böse sein" , lautet seine These. Obwohl, so relativiert er, "der Verstoß gegen die Norm kurzzeitig immer ,böse‘ sei, solange, bis er sich selbst etabliert hat". Im Grunde, so Liessmann, könne man jede in moralischer Sicht "böse" Frage zu einer ästhetischen umfunktionieren und somit aushebeln.

Köb führt die gesellschaftliche Akzeptanz alter Tabus, allen voran Nacktheit, als Grund an: Heute, wo alles erlaubt ist, sei es schwieriger, zu provozieren, also "böse" zu sein. Kodritsch sieht "bad" und "böse" als ein Phänomen der Zeit: "Was früher böse war, ist heute längst etabliert" und hängt im Museum. Und sobald es dort hängt "ist es ja gar nicht so schlecht" , lautet sein Seitenhieb auf die in der historisch und beispielhaft aufgebauten Schau fehlenden Zeitgenossen.

Dem immer wieder aufkeimenden Versuch, das sich eigentlich jeder ästhetischen Kategorie verweigernde "bad" zu definieren, konnte das laut Saehrend angeblich "viel zu brave" Publikum nichts abgewinnen: "Wir driften in die Kategorie ab, über die wir diskutieren, und versuchen neuerlich ästhetische Kriterien zu finden." (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD/Printausgabe, 25.06.2008)