Katrin Stoll, Alleininhaberin von Neumeister.

Foto: Neumeister
München – Das Fundament des Kunstunternehmens legte Rudolf Neumeister mit 32: Zusammen mit seiner Frau Christa erwarb der studierte Jurist im April 1958 das Münchner Versteigerungshaus Adolph Weinmüller. Erster Firmensitz war zunächst im Almeida-Palais in der Brienner Straße, nach der Expansion der Firma wurde 1978 ein Neubau inmitten der Max-Vorstadt gebaut – bis heute der Sitz des Hauses –, dazu kamen Repräsentanzen in Berlin, Wien, Zürich und New York und 2007 Schauräume (Galerie Neumeister) vis-à-vis der Neuen Pinakothek. Rudolf Neumeister pflegte vor allem die Malerei des 19. Jahrhunderts, Kunstgewerbe mit Schwerpunkt Barocksilber und Malerei des frühen 20. Jahrhunderts. Viele bedeutende Stücke fand er als junger Unternehmer in den USA, von denen er einige als Kunstvermittler an den Sammler Georg Schäfer in Schweinfurt gab, damit zugleich einen Grundstock für das heute gleichnamige Museum legte.

1999 zog sich Neumeister aus dem Geschäftsleben zurück und übergab, wenngleich noch bis heute in der Firma präsent und aktiv, das Haus seinen drei Töchtern Martina, Katrin und Michaela. Seit Februar 2008 fungiert Tochter Katrin Stoll als Geschäftsführerin und alleinige Eigentümerin des Traditionshauses, seit 2008 führt sie den Betrieb mit 30 Angestellten alleine. "Kunst und Kultur sind untrennbar mit meinem Leben verwoben, der Umgang mit Kunst eine Selbstverständlichkeit" , erklärt die dreifache Mutter und vereidigte Sachverständige ihre Wurzeln. Vor etwa 20 Jahren begann sie im väterlichen Betrieb ihre Abteilung für die Kunst der Moderne aufzubauen. Eine Weichenstellung. "Die Kernkompetenzen werden auch in Zukunft weitergepflegt, aber wir wollen moderner werden, etwa mit Vintage Auktionen, zeitgenössischem Design oder Sonderauktionen wie jüngst ,Plastic Fantastic‘ und ,Chair Affair‘."

Neumeister ist das einzige Auktionshaus dieser Umsatz- und Größenordnung im deutschsprachigen Raum, das von einer Frau geleitet wird und in dem neben der Chefin drei Auktionatorinnen das allseits erwartete "zum Dritten" sprechen werden. Eine ihrer Stärken sieht sie im "individuellen Promoten von interessanten Sammlungen" und denkt an jene der Schauspielerin Maria Wimmer, die von Paul Eippner, Christian Wolters oder Walter Bareiss.

Aber da ist noch das Thema emotionale und unternehmerische Intelligenz, Führungskompetenz, heute oft unter dem englischen Begriff Soft Skills geführt, in Kunsthandelsunternehmen jedoch selten genutzt und zu finden. Für die Mittvierzigerin zählt der "moderne Führungsstil. Das heißt, die Mitarbeiter werden eingebunden, die Experten treten in den Vordergrund. Auf keinen Fall eine patriarchalisch-autokratische Führung! Weltweit sind Friedensbemühungen im Gange, und auch in der kleinsten sozialen Einheit sollte man kultiviert und mit Hochachtung untereinander verkehren" , schließt Stoll ab. (Bettina Krogemann, DER STANDARD/Printausgabe, 26.06.2008)