Überraschende Verwandtschaften unter Vögeln: Genomstudie hält konventionelles Wissen über Stammbaum für falsch
Redaktion
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Chicago - Der evolutionäre Stammbaum der Vögel - unter Zoologen ohnehin stets Gegenstand von Diskussionen gewesen - muss möglicherweise umgeschrieben werden. Das ist das Ergebnis einer großen Genomstudie von Foschern des Field Museum of Natural History, die 169 Vogelarten zum Gegenstand hatte. "Durch diese Studie haben wir zwei Dinge gelernt", sagt Studienmitautorin Sushma Reddy. "Zum einen kann das Aussehen täuschen. Vögel, die sich ähnlich sehen oder sich ähnlich verhalten, müssen nicht verwandt sein. Zum anderen scheint ein Großteil der bisherigen Klassifikationen und des konventionellen Wissens über die evolutionären Verwandtschaftsbeziehungen falsch zu sein."
So ergaben sich aus den Untersuchungen einige interessante Beziehungen zwischen Vogelarten, die so bisher nicht bekannt waren. Zudem würden die Ergebnisse nahe legen, dass sich äußere Merkmale und die Anpassung an verschiedene Lebensräume im Lauf der Zeit mehrmals unabhängig voneinander entwickelt hätten. Die Ergebnisse der Studie sind am Freitag im Wissenschaftsmagazin Science erschienen.
Falken genetisch enger mit Singvögeln verwandt
Über einen Zeitraum von rund fünf Jahren hatten Reddy und ihre Kollegen vom Field Museum sowie von anderen kollaborierenden Einrichtungen verschiedene Abschnitte im Erbgut verschiedenster Vogelarten untersucht. Im Anschluss nutzten sie die analysierten genetischen Sequenzen, um einen Stammbaum zu rekonstruieren. Dabei zeigte sich, dass Falken genetisch enger mit Singvögeln denn mit Habichten und Adlern verwandt sind. Die kleinen auffälligen Kolibris sind den Erkenntnissen der Forscher zufolge hingegen eine spezialisierte Form der eher gedrungenen und massigen Nachtschwalben, also eher ungewöhnliche Verwandte. Generell ließen sich den neuen Untersuchungen entsprechend Vögel in drei Gruppen einteilen, Landvögel wie der Sperling, Wasservögel wie der Pinguin und Küstenvögel wie Möwe.
Ausnahmen von der Regel
Allerdings gebe es auch innerhalb dieser Gruppen einige Ausnahmen, fügt Reddy an. So hätten sich Flamingos und einige andere Arten wie die Tauchervögel, die eine nahe genetische Verwandtschaft aufweisen würden, nicht aus Wasservögeln entwickelt, sondern sich an das Leben am und im Wasser angepasst. Überdies sind durch die Genanalyse einige fliegende Vögel wie die Steißhühner mit flugunfähigen Straußen und Emus gruppiert worden. Demzufolge müsste sich die Flugunfähigkeit mindestens zweimal im Laufe der Evolution herausgebildet oder die Steißhühner sich aus flugunfähigen Vögeln "zurückgebildet" haben
Explosionsartiger Anstieg der Artenzahl
Einen validen Vogelstammbaum aufzustellen erweist sich bis heute als schwierig, so kann auch das Team von Reddy noch keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Die Wissenschaft nimmt an, dass die Vögel aus kleinen Raubdinosauriern hervorgegangen sind. "Die modernen Vögel, wie wir sie kennen, haben sich ziemlich schnell, wahrscheinlich in einem Zeitraum von wenigen Mio. Jahren in alle diese Formen entwickelt, die wir heute sehen können", erklärt Reddy. Diese explosionsartige Anstieg der Artenzahl habe vor 65 bis 100 Mio. Jahren stattgefunden. Dadurch seien heute kaum mehr lebende Zwischenformen ähnlich aussehender Vogelgruppen erhalten, die eine Verbindung zu anderen, klar umrissenen Gruppen ermögliche. Genetische Untersuchungen wie die durchgeführte würden nun aber erlauben, genauere Einteilungen vorzunehmen, so die Forscher. (pte/red)
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