"Scheißbrauner Lippizaner" war Padhi Friedbergers Reaktion auf die Verleugnung der NS-Vergangenheit im Jahr 1986/87.

Foto: Schaub-Walzer
Trotz starker Arbeiten bleibt das Gesamtgerüst wackelig.
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Wien – Zwischen der ersten und der letzten Arbeit in der Ausstellung Kunst+Politik liegen 53 Jahre und etwa genauso viele Zentimeter. Inhaltlich schließt sich hier an der Wand, bei Angela Varga und Werner Kaligofsky, ein Kreis, schließt sich ein Kontinuum, treffen Themen des Zweiten Weltkriegs aufeinander. In der Wahl der Zugänge driftet alles allerdings wieder auseinander, spürt man das halbe Jahrhundert (Kunst-)Geschichte, das zwischen ihnen liegt, von der Ohnmacht eines vom Krieg paralysierten Volks bis zur Erinnerungskultur und zur mäßig geglückten Aufarbeitung.

Kaligofsky hatte 2002 in Erlauf, wo am 8. Mai 1945 US-Truppen und Sowjets aufeinandertrafen und der Weltkrieg für Österreich somit beendet war, an einen Erlaufer Bürger, den Antifaschisten Josef Munk, erinnern wollen. Seine temporäre Umbenennung des Marktplatzes stieß nicht nur auf Wohlwollen.

Aus den seit 1951 anwachsenden städtischen Kunstdepots hat die Kuratorin Hedwig Saxenhuber eine "Aneinanderreihung politischer Fragestellungen" entwickelt. Es sei kein historischer Abriss, betont sie, denn "es lassen sich nicht alle wichtigen politischen Ereignisse als Abbildungen oder Reflexionen in der Sammlung finden." Die Ereignisse um 1968, zu Zwentendorf, Hainburg oder zur Arenabesetzung kämen nur marginal vor.

Neben Arbeiten von unbekannten und anonymen Künstlern begegnet man guten Bekannten: Bruno Gironcoli, Franz Graf, Marc Adrian oder Alfons Schilling, ebenso Lisl Ponger, Linda Bilda oder dem Künstlerinnen-Duo Klub Zwei. Punktuell wurden Themen des Kriegs, Staatsvertragsunterzeichnung, Friedensbewegung, Postkolonialismus und Rassismus aufgegriffen. Mit Johanna Kandls Widerstandsbutton zur schwarz-blauen Regierungsbildung 2000 wurde auch ein Beispiel für die jüngere Geschichte gefunden: Keck blinkt der kleine Button zwischen all der Rahmenware von der Wand, während anderes Zweidimensionales bewusst nicht gehängt, sondern liegend präsentiert wird: Zeichnungen Leopold Metzenbauers, die die grausige Praxis im Anatomischen Institut während des NS-Regimes dokumentieren.

Zwischen all der Historie soll Johannes Porschs plakatiertes Display nach Art eines Buch-Layouts Einheit stiften. Völlig geschwärzte Bildmasken zeigen gelungen Leerstellen und historische Dimension auf. Irritierend aber die etwas beliebige, weil ästhetische Platzierung der Arbeiten auf den Displayflächen: mal mittig, mal links, mal rechts überlappend. Ein Gestaltungsmoment, das die Spannung zwischen den Kunstwerken zu nivellieren scheint. (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD/Printausgabe, 05.07/06.07.2008)