Es ist nicht so, dass es nicht vorhersehbar gewesen wäre. Die Ära Alfred Gusenbauer ist Geschichte. Der Coup des Kanzlers, innerparteilichen Kritikern durch die überraschende Installierung einer Doppelspitze den Wind aus den Segeln zu nehmen, hat dem Kanzler nur eine kurze Verschnaufpause gewährt. Auch die Anbiederungs-Aktion an die Kronen Zeitung hat weder Alfred Gusenbauer die Kanzlerschaft bewahrt, noch wird sie die SPÖ zu ungeahnten Wahlsiegen katapultieren. Wer FPÖ-Populismus will, wird weiterhin die FPÖ wählen. Die paar FPÖ-Wähler, die Faymann mit seiner Dichand-Liebelei an Land ziehen wird, werden im Vergleich zu den ins Nichtwählerlager oder zu den Blauen wandernden Ex-Roten nicht ins Gewicht fallen Der Sandkistentraum ist zu Ende, und es ist ein unrühmliches Ende.

Noch vor einigen Monaten hätte die SPÖ reichlich Anlässe für den Absprung aus der Großen Koalition finden können – hätte nicht die Angst vor der Konfrontation und das manische Klammern Gusenbauers an die Kanzlerschaft sie daran gehindert. Man ließ die ÖVP gewähren, als wäre man selber der Juniorpartner in der Regierung. Den Absprung aus der Umklammerungs-Koalition hat man verpasst.

Dementsprechend blass fällt die „rote Handschrift“, von der zu Beginn der Legislaturperiode noch SPÖ-weit geschwärmt wurde, in den vergangenen eineinhalb Jahren aus. Aus Angst vor dem innerkoalitionären Konflikt vermied es die SPÖ immer wieder, Konturen zu zeigen – von einigen rühmlichen Ausnahmen wie der Justizministerin abgesehen. Jetzt ist der rote Traum ausgeträumt, und die momentan wahrscheinlichste Perspektive ist die der ungeliebten Oppositionsrolle. Selbst der Traumschwiegersohn der Boulevard-Leserinnen und -Leser, Werner Faymann, wird sich schwer tun, das Ruder herumzureißen. Die Projekte mit rotem Herzblut, die ohnehin seit Monaten in der Warteschleife hängen, müssen jetzt noch lange warten – vielleicht für immer. Hätten die Genossen schon früher geahnt, dass das Ende ohnehin unvermeidbar bevorsteht, hätten sie gegenüber der ÖVP wohl etwas härtere Bandagen aufgezogen. (Anita Zielina, derStandard.at, 7.7.2008)