Michael Krieger entwickelt Anwendungen für das Superrechnernetzwerk Austrian Grid. Warum vernetztes Rechnen noch lange nicht ausgeschöpft ist, erklärt er Klaus Lackner.

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STANDARD: Wie schätzen Sie den derzeitigen Entwicklungsstand des Austrian Grid ein?

Krieger: Das Austrian Grid befindet sich auf dem Übergang von einem akademischen Test zu einer nachhaltigen Grid-Infrastruktur, von der nicht nur die österreichische Forschung, sondern auch die österreichische Wirtschaft profitieren kann. Die österreichische Grid-Infrastruktur hat sich auch besonders durch die internationale Zusammenarbeit und die Beteiligung an europäischen Projekten der Universitäten und Institute, die das Austrian Grid initiiert und aufgebaut haben, zu einem leistungsstarken Resourcenpool entwickelt.

Ganz konkret haben sich die am CERN beteiligten österreichischen Hochenergiegruppen, insbesondere die Österreichische Akademie der Wissenschaften und die Universität Innsbruck, im Rahmen des Austrian-Grid-Projekts sehr erfolgreich an der Entwicklung eines internationalen Hochenergie-Grids und an der Einbindung in dieses Netz durch den Aufbau lokaler Knoten beteiligt. Die Unzahl der Daten, die beim größten Experiment aller Zeiten, dem Zusammenprall der Teilchen durch die LHC (Large Hadron Collider) entstehen, werden unter anderem hier ausgewertet.

STANDARD: In welchen Bereichen oder ab welchen Kriterien ist Grid-Computing für medizinische Forschung ein Thema?

Krieger: Im Bereich Medizin und auch Bioinformatik wird zurzeit unter anderem in den Bereichen Krankheitsdiagnostik, Immunologie, Gentechnik, Simulation von Blutströmen und auch im Bereich der Augenmedizin geforscht. Ein wesentlicher Aspekt in der medizinischen Anwendung ist sicher die rasche Verfügbarkeit von Berechnungsergebnissen. Wenn zum Beispiel ein Arzt bei der Planung einer Operation mit Simulationssystemen arbeitet, dann hat er keine Zeit, auf das Ergebnis einer solchen Simulation mehrere Stunden oder sogar Tage zu warten.

Mithilfe von Grid-Computing können diese drastisch verkürzt werden. Folglich sind die Bereiche entsprechend vielfältig, von der optimierten Simulation von Augenmuskeloperationen, der Durchführung von Blutflussanalysen bis zu Grid-basierenden Datenbanken zur verteilten Speicherung und Auswertung von medizinischen Daten.

STANDARD: Gibt es weitere Pläne, Grid-Computing in der Medizin und in anderen Bereichen in Österreich einzusetzen?

Krieger: Es gibt weitere Pläne für den Einsatz von Grid-Computing in der Medizin, nicht nur innerhalb der Risc Software. Die zweite Phase des Austrian Grid hat erst vor kurzem begonnen. Das Ziel ist es, durch das Austrian-Grid-Entwicklungszentrum den Bekanntheitsgrad von Grid-Computing und des Austrian Grid ebenso wie die Möglichkeiten die durch diese Technologien geboten werden zu steigern und zu den Anwendern und in die Wirtschaft zu tragen. Mehr kann man dazu heute leider noch nicht sagen. (DER STANDARD, Printausgabe, 9.7.2008)