Neuerlich sicherte sich ein privater Käufer die aus einer Schweizer Privatsammlung stammende Zeichnung Goyas für umgerechnet 2,86 Millionen Euro.

Foto: Christie’s
Neben Rekorden auch Überraschungen und eine insgesamt gesunde Nachfrage.
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London – Anfang dieser Woche betraten die Oldies in London die Bühne des Kunstmarktes. Zum Auftakt schwang Christie’s in der Kategorie Altmeisterzeichnungen (8. Juli) gefolgt von der Abend- und Tagessitzung (9.Juli) bei Gemälden den Hammer. Sotheby’s hatte bei Redaktionsschluss noch gar nicht angefangen. Und doch zeichnen sich erste nennenswerte Tendenzen ab – konkret dürfen sich vor allem Privatverkäufer und auch -sammlungen über nette Sümmchen freuen.

Bei den Arbeiten auf Papier machte klar Francisco Goya das Rennen, drei lange Zeit in einer Schweizer Privatsammlung verborgene Zeichnungen führen die Liste der zehn höchsten Zuschläge an und wechselten erneut in Privatbesitz. Für das Bajan rinendo (Zankereien) titulierte Blatt bewilligte ein Europäer umgerechnet 2,86 Millionen Euro und damit einen neuen Weltrekord für eine Goya-Zeichnung. Zusammen mit den anderen beiden Arbeiten schlug sich dieser Posten mit etwas mehr als fünf Millionen Euro und dem stärksten Umsatzanteil (Total 7,6 Millionen Euro) zu Buche.

Anderntags wurde der erste öffentliche Auftritt von Antoine Watteaus La Surprise nach 200 Jahren mit Spannung erwartet. Wie berichtet (der Standard, Die Schatzsuche im Hinterzimmer, 26. Juni), hatten Experten dieses als zerstört und jedenfalls verschollen geglaubte Gemälde durch Zufall entdeckt. Die bis zu diesem Zeitpunkt ahnungslosen Besitzer werden sich am Abend des 8. Juli wohl (zumindest) eine Flasche Champagner genehmigt haben, dürfen sie doch über stattliche 12,36 Millionen Pfund, umgerechnet 15,51 Millionen Euro freuen. "Wahnsinn" , kommentierte Johann Kräftner, der anlässlich der anderntags zur Versteigerung kommenden Odien aus der Sammlung Liechtenstein in London weilte. "Vor allem wenn man bedenkt, was es da noch an und in Sammlungen gibt!" Der neue (anonyme) Eigentümer bewilligte den höchsten jemals für einen französischen Alten Meister erzielten Kaufpreis. Insgesamt durfte Richard Knight, der international für das Department verantwortliche Direktor, stolze 24,09 Millionen Pfund (30,23 Millionen Euro) für nur 31 Besitzerwechsel notieren.

Aus österreichischer Sicht hatte man das Ziel, den anderen Anwärtern der Tagessitzung die Show zu stehlen. Sammlung Liechtenstein lautete der Code. In Amsterdam hatten Anfang April 430 Positionen 5,4 Millionen Euro eingespielt, Ende April in London 42 Antiken immerhin noch 482.000 Euro. Aktuell hoffte man auf wenigstens 773.000, bestenfalls auf 1,16Millionen Pfund.

"Das Interesse war von Anbeginn groß und insofern nicht überraschend" , so Liechtenstein-Direktor Kräftner kurz nach der Auktion. Zu seiner Freude kamen auch wieder die Sammlungen der ehemals Liechtenstein’schen Schlösser Eisgrub (Lednice), Sternberg (Šternberk) und Feldsberg (Valtice) zum Zug. Die höchsten Zuschläge erteilte man bei je rund 197.000 Euro für ein lombardisches Paneel sowie für eine Darstellung von Mariae Verkündigung, beides aus dem 15. Jahrhundert. Insgesamt schaffte man aktuell keine Verdoppelung des Schätzwertes, aber immerhin einen stattlichen Zuschuss von 1,85 Millionen Pfund oder umgerechnet 2,31 Millionen Euro, womit sich die Gesamteinnahmen aus den von Christie’s abgehaltenen Auktionen auf etwas mehr als acht Millionen Euro brutto summieren. (Olga Kronsteiner, DER STANDARD/Printausgabe, 10.07.2008)