Wien – Auch wenn der hässlichste Wert der Studie nun ein wenig relativiert wird, der niederschmetternde Gesamtbefund lautet dennoch: Die Österreicher sind EU-Muffel – und werden es auch bleiben, solange heimische Politiker das europäische Projekt ständig schlechtreden.

Am Montag präsentierte die Vertretung der EU-Kommission in Österreich erstmals detailliertere Ergebnisse der letzten Eurobarometerumfrage, mit der die Stimmung des Volkes gegenüber der EU in halbjährlichen Abständen erhoben wird. Das schlimmste Ergebnis war bereits Ende Juni in Brüssel verkündet worden – und hatte drastische Folgen für die Innenpolitik. Denn nur mehr 28 Prozent der 1000 Befragten attestieren der Union ein positives Image – ein EU-weiter Rekordwert im negativen Sinne. Zwei Tage später verkündete die SPÖ ihren Kurswechsel in der Europapolitik – EU-Verträge sind künftig vom Volk abzusegnen – die ÖVP kündigte daraufhin die Koalition auf.

Stabil skeptisch

Am Montag waren die Studienautoren bemüht, diesen mickrigen Wert etwas zurechtzurücken. Harald Pitters vom Gallup-Institut wies darauf hin, dass es sich bei den 28 Prozent um eine Einschätzung des Images handle und nicht um die persönliche Zustimmung zur EU. Soll heißen: Ein vehementer EU-Befürworter könnte ebenso gut davon überzeugt sein, dass die Union einen schlechten Ruf hat, obwohl er selbst nicht dieser Ansicht ist.

Zweitens wurde die Erhebung im März und April des Jahres durchgeführt – zu jenem Zeitpunkt hatte die Kampagne der Krone, die zu einer Volksabstimmung über den Vertrag von Lissabon aufrief, gerade ihren Höhepunkt erreicht.

Warum es den Experten so wichtig war, auf all das noch einmal eigens hinzuweisen, ist leicht erklärt: Die Imagefrage ist laut Pitters die einzige, bei der Österreich das Schlusslicht innerhalb der EU bilde. In allen anderen Fragen liege das Land quasi bloß an dritt- oder viertletzter Stelle.

Einige Kostproben: Nur mehr 36 Prozent halten die EU-Mitgliedschaft für "eine gute Sache" minus zwei Prozent gegenüber Herbst 2007), der EU-Schnitt liegt bei 52 Prozent (siehe Grafik). Noch pessimistischer sind nur die Ungarn (32 Prozent), die Briten (30 Prozent) und die Letten (29 Prozent) eingestellt. Ebenfalls pikant: 46 Prozent glauben, dass die Stimme des eigenen Landes in der EU "eher nicht" zähle. EU-weit glauben das nur 29 Prozent. Zum Vergleich: 86 Prozent der Schweden, 83 Prozent der Dänen und der Luxemburger, ebenfalls aus einem kleinen EU-Staat, glauben, dass auf die Stimme ihres Landes in Brüssel sehr wohl gehört wird.

"Die Stimmung bei uns ist schlecht, wir wollen nichts beschönigen", resümierte Pitters, seine Co-Autorin Heike Hausensteiner verwies allerdings darauf, dass die Österreicher "stabil skeptisch" seien, sprich: Die Umfrageergebnisse zur Union grundeln schon seit Jahren bei diesen Werten herum.

Kommission mahnt

Der Leiter der Vertretung der EU-Kommission in Österreich kommentierte die Auswertung heftiger. Es sei "Feuer am Dach", warnte Karl Georg Doutlik und mahnte von der Politik ein, sie müsse der Bevölkerung "sachlich fundierte Informationen geben". Vor allem vor den Neuwahlen im Herbst und den EU-Parlamentswahlen im kommenden Jahr müsse "Sacharbeit" geleistet werden, um dem Informationsdefizit der Bevölkerung etwas entgegenzusetzen. Und noch etwas forderte der Diplomat: "Bitte keine Kampagnen mehr!"

Die Parteien reagierten am Montag auf die Studie trotzdem, wie zu erwarten war: BZÖ-Generalsekretär Gerald Grosz übertitelte seine Aussendung mit "Große Mehrheit gegen EU-Diktat!" und forderte erneut nationale Abstimmungen über EU-Verträge. FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky sah in der Studie "eine Bestätigung für den Sach- und Hausverstand der Österreicher", wenn die EU-Kommission "Handeln" einfordere, zeige das nur "neuerlich die gigantische Abgehobenheit der Eurokraten".

Von der SPÖ meldete sich Europasprecherin Elisabeth Grossmann zu Wort, sie warb für den roten EU-Schwenk: "Nur wenn die Menschen aktiver mitgestalten können, werden sie dieses Europa auch als ihr Europa empfinden." – Also alles wie gehabt. (Nina Weißensteiner/ DER STANDARD Printausgabe, 15.7.2008)