Stockholm - Die für Donnerstag (5. Oktober) erwartete Bekanntgabe des diesjährigen Literatur-Nobelpreisträgers in Stockholm ist aufgeschoben worden. Wie am Dienstag aus Kreisen der Schwedischen Akademie verlautete, gibt es im Preiskomitee "anhaltende Uneinigkeit" über die diesjährige Vergabe. Der Sekretär der Akademie, Horace Engdahl, bestritt dies hingegen und meinte: "Der Auswahlprozess verläuft völlig normal. Wir sind mitten im intensivsten Stadium." Es habe auch, wie üblich, bisher keine Festlegung auf einen Termin gegeben. Eine Entscheidung mit anschließender öffentlicher Bekanntgabe wird nun am nächsten oder übernächsten Donnerstag (12. oder 19. Oktober) erwartet. Nach Angaben von Engdahl sei es in der Geschichte des Literatur-Nobelpreises aber "durchaus nichts Ungewöhnliches", wenn die Bekanntgabe erst Ende Oktober erfolge. Er meinte weiter: "Beim Entscheidungsprozess ist die gesamte Akademie heute viel aktiver als früher. Das dauert eben." Engdahl erklärte, dass es auch die Möglichkeit mehrerer Abstimmungsrunden gebe, wollte sich aber zum konkreten Stand nicht äußern. Zu den Anwärtern auf den in diesem Jahr mit umgerechnet neun Millionen Kronen (1,054 Mill. Euro/14,5 Mill. S) dotierten Literaturpreis werden unter anderem der US-Lyriker John Ashbery und die afrikanischen Autoren Ben Okri (Nigeria) sowie Nurrudin Farah (Somalia) gezählt. Im vergangenen Jahr hatte die Akademie den Deutschen Günter Grass (72) ausgezeichnet. Engdahl hatte danach zu der Entscheidung für den in Lübeck lebenden Grass erklärt, sie sei überaus unproblematisch und schnell über die Bühne gegangen. Daher konnte die traditionsgemäß stets auf einen Donnerstag gelegte Bekanntgabe 1999 schon Ende September erfolgen. Die Terminlegung für den Literatur-Nobelpreis 2000 wurde unter Stockholmer Nobel-Beobachtern auch deshalb mit Erstaunen zur Kenntnis genommen, weil die Schwedische Akademie ihre Bekanntmachung in den vergangenen Jahren stets vor alle anderen Nobelpreise gelegt hat. Das ist nun nicht mehr möglich, weil von Montag bis Mittwoch nächster Woche die Preisträger für Medizin, Physik, Chemie und Wirtschaftwissenschaft veröffentlicht werden. (APA)