Zu den Aussagen einer Freiheitlichen über Ausländer Eine vernünftige Meldung macht noch keine sinnvolle Parteilinie. Aber in dem, was die steirische FP-Spitzenkandidatin Theresia Zierler über die Ausländer-integration gesagt hat, gehört sie bestärkt, findet Elisabeth Pechmann . Für die Ex-TV-Frau Theresia Zierler sind AusländerInnen willkommen in Österreich. Sie sollen außerdem, sagt die FP-Generalsekretärin und Spitzenkandidatin für die steirische Landtagswahl, ihre kulturelle Identität beibehalten können. So stand es jüngst schwarz auf rosa. Und so erstaunlich, dass ich sicherheitshalber noch in dieStandard.at reingeklickt habe, ob dort eine Interview-Langversion steht, die alles wieder abschwächt. Aber nein, auch hier der gleiche Ton: "Wenn ich mir vorstelle, dass meine Mutter eine andere Sprache lernen müsste und nur dann im Land bleiben dürfte, ist das undenkbar", lautet Thesis These deckungsgleich im Netz. Nun weiß man spätestens seit dem Rechtsstreit um Haiders Gespräch mit dem Falter, dass selbst ein auf Tonband gespeichertes Interview im Nachhinein eventuell nicht mehr existiert, wenn es der FP nicht gefällt - und bis dieser Kommentar erscheint, hätte die Kanzlei Böhmdorfer-Gheneff ja noch ein paar Tage Zeit für ein Dementi. Aber gehen wir mal davon aus, dass Zierler weder zurückzieht noch zurückgezogen wird und tatsächlich meint, was sie sagt. Zum Beispiel: "Im Wahlkampf kann man Probleme wie die Ghettobildung sicher nicht lösen." Dann gehört sie dafür - wohlgemerkt: dafür; und keineswegs für alle ihrer Stellungnahmen - gestärkt und motiviert, ihre Ansicht möglichst oft zu wiederholen. Denn was oft wiederholt wird, prägt sich ein (© Rotraud Perner, "Lust Macht Mut"/Ueberreuter). Abschreckende Bilder Und wäre somit ein wertvoller Kontrapunkt dazu, wie die FPÖ die Suggestivkraft der Sprache bisher nutzte: Türken braten immer stinkende Hammel, Schwarze sind automatisch Drogenhändler, Asylanten sackeln grundsätzlich das System aus. Solche Slogans nehmen AusländerInnen die Menschlichkeit und zeichnen, schön NLP-konform, Bilder, die sich in den Köpfen der Bevölkerung fest verankern und zu einer dauerhaften Wahrnehmungveränderung führen. Ein Wiener Leserbriefschreiber etwa legte mir kürzlich nahe, ich möge doch meinen Automagazin-Chefredakteursdienstwagen stehen lassen und mich in einschlägige U-Bahn-Stationen begeben, um zu erleben, wer dort hauptsächlich mit Drogen dealt und aggressiv bettelt. Das würde meiner Ahnungslosigkeit in Sachen Ausländerproblem abhelfen. Entgegen seiner Annahme fahre ich sehr häufig U-Bahn und benütze dabei sogar regelmäßig einen der "einschlägigen" Bahnhöfe. Meine Wahrnehmung ist anders: Ich sehe zwar fallweise Probleme, aber nicht primär "Ausländer", sondern Menschen, die davon betroffen sind - auf allen beteiligten Seiten. Ähnlich, denke ich, wäre auch an Themen wie Schul-, Sprach-, Freizeit- oder Wohn-Integration heranzugehen. Es ist beispielsweise in einzelnen Wiener Gemeindebezirken bestimmt schwierig, eine Schule zu finden, in der das Vorbildungsniveau aller SchülerInnen hoch genug ist, um das Talent des eigenen Kindes voll zur Entfaltung zu bringen. Eine Frage der Ausländerquote? Nein. Denn in den Klassen sitzen auch echte Wienerkinder, die sich, in bester Mundl-Tradition, patscherter ausdrücken als Nach-kommen von Zuwanderern. Gefordert wäre also eine Bildungspolitik, die die Rahmenbedingungen für alle verbessert. Eine Infrastrukturpolitik, die Stadtviertel nicht verlottern lässt und Immobilienspekulation Marke "setzen wir Ausländer rein, dann kriegen wir das Zinshaus leer" verhindert. Eine Sozialpolitik, die deutlich ausspricht, dass eine Bevölkerungsgruppe, die in den Gemeinschaftstopf einzahlt, auch das Recht hat, was rauszunehmen. Und eine Gesellschaftspolitik, die Anderssein nicht generell zum Schlechtersein stigmatisiert. Gefordert wäre, den so gerne zu Propaganda-Monstern und Rechengrößen entmenschten "Ausländern" ihre Menschlichkeit zurückzugeben. Theresia Zierler setzt einen richtigen Schritt, wenn sie die Situation einer sprach-unkundigen Immigrantin an der eigenen Mutter misst. Hoffentlich hören ihr viele aufmerksam zu dabei - vor allem in der eigenen Partei. Elisabeth Pechmann ist Chefredakteurin des Magazins "Alles Auto" und lebt in Wien.