"Ich habe lange über diese Reise nach Wien nachgedacht. Indem ich Ihre Einladung nicht annehme, bestrafe ich einerseits Ihr Festival, das, wie ich von befreundeten Regisseuren erfahren habe, ein ausgezeichnetes Festival ist, und ein Publikum, das mit Gewissheit nicht jenes ist, das Haider unterstützt. Ich erinnere mich noch sehr genau an die Demonstrationen am Tag nach dem Regierungsantritt der extremen Rechten und die Spruchbänder, auf denen zu lesen war: "Wir sind die 70%, die Haider nicht gewählt haben." Andererseits ist es für mich entscheidend, meine Ablehnung gegen jene, wie ich meine, gefährliche Gleichgültigkeit und Feigheit der österreichischen Regierung zu manifestieren, selbst wenn ich sehr genau weiß, dass diese Geste nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist im Kampf gegen eine stetig anwachsende Intoleranz. In der Hoffnung, dass Sie meine Haltung verstehen In freundschaftlicher Verbundenheit Agnès Jaoui Paris, September 2000" Soweit der Wortlaut des Briefes, der bei der Gala-Eröffnung vor Beginn der Ausstrahlung von "Le goût des autres" verlesen wurde. Seitens des standard.at können wir nur bedauern, Agnès Jaoui nicht persönlich zum Erfolg ihrer ersten Regiearbeit gratulieren zu können. Dieser Erfolg der langjährigen Drehbuchautorin von Alain Resnais kam insoferne überraschend, als es ein ausgesprochen komerzieller war: eine kräftige Dosis Optimismus für den französischen wie für den europäischen Film. (Viennale/hcl)