Fest steht erst einmal, dass es tatsächlich eine Reihe unberechtigter und ungerechtfertigter Abfragen im Polizeicomputer gegeben hat. "Langeweile" ist einer der dümmsten Erklärungsversuche, auch wenn es Fälle geben mag, in denen das zutrifft. Viel wahrscheinlicher, wenn auch noch nicht hieb-und stichfest bewiesen, sind Abfragen aus parteipolitischen Motiven. Das zeigt schon die Liste derjenigen, über die man sich Informationen zu verschaffen versucht hat: Politiker, Künstler, Journalisten, in der Öffentlichkeit stehende "kritische Geister".

Im Mittelpunkt der Spitzelaffäre stehen blaue Polizeigewerkschafter. Zum einen Josef Kleindienst, der Aufdecker, zum anderen die gesamte Führungsriege der AUF, die sich diesen Verdächtigungen und Beschuldigungen ausgesetzt sieht. Und natürlich jene, die von den beschafften Informationen möglicherweise profitiert haben - offensichtlich freiheitliche Politiker. Dabei ist es eigentlich egal, ob es dezidierte Aufträge durch FPÖ-Funktionäre gab oder ob die Spitzelmaschinerie selbstständig anlief und Informationen auswarf.

Es ist das System, das so verwerflich ist. Da nützt es nichts, wenn sich FPÖ-Klubobmann Peter Westenthaler darauf beruft, dass sich ja auch andere Parteien solcher Methoden bedient hätten. Die Beschaffung polizeilicher Informationen, um sie gegen politische Gegner einzusetzen und Druck zu erzeugen, darf in einer funktionierenden Demokratie nicht im Ansatz zulässig sein. Daher ist auch die bedingungslose Aufklärung der Spitzelaffäre so wichtig. Die FPÖ und deren verlängerter Arm in der Polizei muss es dabei aushalten, dass durch Pauschalverdächtigungen möglicherweise auch Funktionäre angeschüttet werden, die nichts mit der Sache zu tun haben. Wie man weiß und wie immer deutlicher wird, ist auch die FPÖ nicht zimperlich. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19.10.2000)