Hauptsächlich deutsche Flugzeugpassagiere sitzen ohne Angabe weiterer Gründe am Flughafen der fernöstlichen Stadt fest. Zusammen ergeben sie ein Panoptikum individueller Besonderheiten und kollektiver Traumata des wieder vereinigten Landes. Die enervierende Situation des Wartens führt zu neuen Bekanntschaften, zunehmend kommen auch Aggressionen zum Ausbruch: Eine Situation ähnlich der aus Bunuels Würgeengel, erzählt aus der dispersiven Perspektive eines Robert Altman.
Wie so oft in Ensemblefilmen ergeben dabei die Teile nur bedingt ein Ganzes: Das Drehbuch, von Karmakar gemeinsam mit dem Schriftsteller Bodo Kirchhoff verfasst, hat für jeden Charakter einen Moment der Selbstentbößung vorgesehen. Zu den gelungensten Porträts gehören da noch Peter Rührigs und Margit Carstensens ostdeutsches Ehepaar Görler. Vom Aussteiger Walter (Michael Degen) lässt sich der biedere Ehemann zu immer ausgelasseneren Männergelagen und -gesprächen anstacheln.
Umgekehrt erschöpft sich das Aufeinandertreffen der jüdischen Journalistin Elizabeth (Elizabeth McGovern) mit zwei Cousins aus Neustadt (Jürgen Vogel und Zapatka) in hohlen Allgemeinplätzen: Als Zapatka etwa aufgrund eines verhinderten Blow-Jobs kurz durchdreht, lautet ihr Kommentar dazu: "Wenn in Buchenwald nur das passiert wäre, stünden die Deutschen heute besser da."
Insgesamt bleiben die Dialoge in Manila zu konstruiert, als dass sie den anvisierten Kleingeist und deutsches Spießertum wirklich treffen. Andererseits machen Fred Schulers Kamera, deren Plansequenzen zuletzt beim "Gefangenenchor von Manila" in Bewegung geraten, sowie ein Kurzauftritt Eddi Arents einiges wieder wett: Manila bleibt letztlich heterogen wie seine Besetzung.
(DER STANDARD, Print-Ausgabe, Beilage 19. 10. 2000)