Wien/Hamburg - Immer mehr Angestellte am Computer schaut der Chef klammheimlich über die Schultern, wenn sie E-Mails (elektronische Briefe) schicken oder im Internet surfen. In Österreich wurde ein Mitarbeiter kürzlich sogar gefeuert, nachdem ihn die ausländische Konzernzentale dabei ertappt hat, als er in der Dienstzeit auf unerlaubte Web-Seiten gesurft ist. "In der Zentrale dieses Mineralölkonzerns werden die Zugriffe der Mitarbeiter zum Internet zentral gespeichert. Ein Mitarbeiter in Österreich hat auf eine Internet-Adresse zugegriffen, die zugegebenerweise nicht erlaubt war", schildert Paul Kolm von der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA) den Fall. "Das österreichische Management wurde daraufhin aufgefordert, Sanktionen zu setzen. Der Mitarbeiter wurde gekündigt." Das Problem ist beileibe kein österreichisches Phänomen. Auch in Deutschland wurden nach Meldungen des "Pressetextes online" Mitarbeiter gekündigt, nachdem ihr E-Mail kontrolliert worden war. Das Mitlesen von E-Mails ist ja technisch recht einfach. Immer öfter setzen die Firmen aber auch raffinierte Spitzel-Software ein. So läßt sich die Arbeitsleistung eines Angestellten auf den Mausklick, privates Einloggen ins Internet während der Arbeitszeit oder die Arbeitsproduktivität, genauestens erfassen. Mit der Firmensoftware R/3 (der deutschen SAP) könne man bis ins Detail protokollieren, welche Mitarbeiter an welchem Vorgang mitarbeiten, schildert der Hamburger Rechtsanwalt Jens Gäbert. Die GPA wird immer öfter mit diesem Problem konfrontiert. Immer mehr Betroffene wollen sich gegen die geheime Chefkontrolle wehren. Das ist nicht unkompliziert. "Einerseits ist eine E-Mail ja ein Betriebsdokument. Andererseits aber enthält sie Mitteilungen, die man noch nicht offiziell protokollieren möchte. Und oft geht es ins Private", spreizt Kolm, Leiter der Abteilung Automation in der GPA, das Problem auf. Deutsche Experten empfehlen Betriebsvereinbarungen zum Schutz der Arbeitnehmer. Sie empfehlen den Betroffenen auch, beim Verschicken von E-Mails spezielle Verschlüsselungsprogramme (zum Beispiel PGP) anzuwenden. (Lydia Ninz)