Wien - Die Grünen fordern eine sofortige Novellierung des Kunstrückgabegesetzes von 1998: Es soll nicht nur für gestohlene oder abgepresste Kunstwerke gelten, die sich in den Bundesmuseen befinden, sondern auch für jene in der bundeseigenen Stiftung Leopold. Denn diese ist selbst bei berechtigten Ansprüchen der einstigen Besitzer zu keinen Rückgaben verpflichtet. Anlassfall ist ein Aquarell von Albin Egger-Lienz, das bis 1938 dem Salamifabrikanten Moric Pick gehört hatte und sich nun in der Sammlung Leopold befinden dürfte. Am 3. August informierte der Innsbrucker Anwalt Dietmar Czernich die Stiftung, dass seine Mandantin Vera Gara Anspruch auf das Bild Der Sensenschmied erhebe. Der Stiftungsvorstand ließ sich für die Antwort fast zwei Monate Zeit: Am 29. September schreibt man Czernich, dass es kein Bild mit diesem Titel gebe. "Die Stiftung besitzt von Egger-Lienz nur ein Bild mit einem ähnlichen Sujet, genannt Dengler . Zwecks genauerer Recherchen ersuchen wir Sie, die Abmessungen beziehungsweise die Maltechnik des beanspruchten Bildes samt dazu bestehender Beweismittel bekannt zu geben, weil wir erst dann in der Lage sind, auf die Ansprüche detailliert einzugehen." Czernich ist über das Vorgehen empört. Denn entgegen der Weisung von Kulturministerin Elisabeth Gehrer liegt die Beweispflicht wieder - wie im Fall Mauerbach - bei den Geschädigten. Und auch die Forderung nach Bekanntgabe exakter Abmessungen erinnert an altbekannte Methoden, um Restitutionen zu verhindern. Schließlich sah Vera Gara sah das Egger-Lienz-Bild zuletzt als Fünfjährige . . . Rudolf Leopold ist nun bereits mit drei derartigen Fällen konfrontiert: Henry S. Bondi fordert das in New York beschlagnahmte Bildnis Wally zurück, die Tochter von Jenny Steiner das Schiele-Gemälde Häuser am Meer. Die Verhandlungen in der Causa Steiner zeitigten bisher kein Ergebnis, obwohl sie schon seit März laufen. Leopold will das auf 190 Millionen Schilling geschätzte Bild, das noch immer in seinem Haus hängt (obwohl es seit 1994 Staatsbesitz ist), nicht zurückgeben, sondern ablösen. Tereszija Stoisits von den Grünen stellt sich nun die berechtigte Frage, wie viele Kunstwerke mit zweifelhafter Provenienz es in der Stiftung Leopold noch gibt. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20. 10. 2000)