"Nationalsozialistische Massentötungen durch Giftgas auf österreichischem Gebiet 1940 - 1945" Wien - Mehr als 35.000 Männer, Frauen und Kinder wurden zwischen 1940 und 1945 von den Nationalsozialisten auf dem Gebiet der damaligen Ostmark durch Giftgas ermordet. Penibel verzeichneten die NS-Machthaber ihre Verbrechen, auch wenn sie die Todesursachen ihrer Opfer zu verschleiern versuchten. Nach jahrelangen Recherchen hat der ehemalige Mauthausen-Häftling Pierre Serge Choumoff nun eine umfangreiche Dokumentation über die Vergasungen in Österreich vorgelegt. Heute, Mittwoch, wird die Studie in Anwesenheit des für die Gedenkstätte Mauthausen zuständigen Innenministers Ernst Strasser (V) in Wien präsentiert. Mehr als drei Jahrzehnte lang hat Choumoff, wegen seiner Widerstandstätigkeit in der französischen Résistance ab 1943 Häftling im Mauthausen-Nebenlager Gusen, nach Dokumenten, Gerichtsakten und Zeugenaussagen gefahndet, um die Vergasungen möglichst lückenlos belegen zu können. 55 Jahre nach der Befreiung des KZ Mauthausen fand sich ein Verleger: Das Innenministerium hat seine Dokumentation "Nationalsozialistische Massentötungen durch Giftgas auf österreichischem Gebiet 1940 - 1945" als ersten Band der neu geschaffenen Reihe "Mauthausen-Studien" herausgegeben. In der Studie macht der 1921 in Paris geborene Autor das Ausmaß der nationalsozialistischen Verbrechen deutlich: Allein in der im März 1942 fertig gestellten Mauthausener Gaskammer wurden rund 3.500 Häftlinge aller Nationen durch das Giftgas "Zyklon B" ermordet. Auch im Mauthausen-Nebenlager Gusen wurden laut Choumoff mindestens 823 sowjetische Kriegsgefangene und kranke Häftlinge Opfer von Vergasungen. "Euthanasie" - Tausende Morde in Schloß Hartheim Choumoff führt darüber hinaus auch mindestens 900 Tötungen in so genannten "Gaswagen" an: Als Häftlingstransporter getarnte mobile Gaskammern pendelten 1942 und 1943 auf der fünf Kilometer langen Strecke zwischen Mauthausen und Gusen. Auf der Hin- und Rückfahrt wurden die KZ-Häftlinge durch eingeleitete Auspuffgase oder durch Zyklon B getötet und im jeweils anderen Lager im Krematorium verbrannt. Die bei weitem größte Zahl an Vergasungen fand aber im oberösterreichischen Renaissanceschloss Hartheim statt. Im Zuge der "Euthanasie-Aktion" T4 wurden von 1940 bis 1941 mindestens 18.000 kranke und behinderte Menschen mittels Kohlenmonoxid getötet. Auch mehr als 8.000 "körperschwache" KZ-Häftlinge aus Mauthausen, Gusen und Dachau starben von 1941 bis 1942 und 1944 in der "Euthanasie-Anstalt". Als Todesort der Häftlinge wurde in den KZ-Unterlagen "Erholungsheim" oder "Erholungslager" angeführt. (Pierre Serge Choumoff: "Nationalsozialistische Massentötungen durch Giftgas auf österreichischem Gebiet 1940 - 1945". Herausgegeben vom Bundesministerium für Inneres als Band 1a der Schriftenreihe "Mauthausen-Studien". Wien, 185 Seiten, 149 Schilling. ISBN 3-9500867-2-2.) (APA)