Wien - Operationen zur sexuellen Genitalverstümmelung werden auch in Wien durchgeführt. Gegenüber dem Nachrichtenmagazin profil hatte ein Arzt des Wiener Sozialmedizinischen Zentrums (SMZ) Ost zugegeben, eine solche Operation durchführen zu wollen. Die grüne Nationalratsabgeordnete und Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses, Terezija Stoisits, forderte daraufhin am Montag vom zuständigen Wiener SPÖ- Stadtrat Sepp Rieder umgehend die Beendigung des Dienstverhältnisses des Arztes mit der Stadt Wien sowie eine Anzeige bei der Ärztekammer. Ein Disziplinarverfahren gegen den beamteten Arzt wurde bereits eingeleitet. Ebenfalls wurde Strafanzeige bei der Wiener Staatsanwaltschaft erstattet. Der betroffene Arzt, Richard L., befindet sich mittlerweile in einem mehrwöchigen Urlaub. Bezüglich seiner Suspendierung sagte der Leiter der zuständige Magistratsabteilung (MA) 2, Peter Pollak, zum Standard: "Wir sind als Disziplinarbehörde tätig geworden." Eine bosnische Ärztin und ein afghanischer Kollege aus dem SMZ-Ost stehen unter Verdacht, ihre Praxen für Genitalverstümmelungen zur Verfügung gestellt zu haben. Ob diese beiden Mediziner rechtlich belangt werden können, wird derzeit geprüft. Nach einer Studie der Afrikanischen Frauenorganisation in Österreich ließen mehr als dreißig Prozent der befragten hier lebenden Afrikaner und Afrikanerinnen ihre Töchter beschneiden. Die Mehrzahl der Eingriffe wurde allerdings in Afrika durchgeführt. 1,9 Prozent der "Beschneidungen" finden jedoch auch in Österreich statt. Mehr als ein Drittel der Befragten gab an zu wissen, dass diese Praktiken auch in Österreich durchgeführt würden. Sexuelle Genitalverstümmelung von Frauen bedeutet - im Gegensatz zur Beschneidung bei Männern - eine lebenslange gesundheitliche Beeinträchtigung und wird mittlerweile als klare Menschenrechtsverletzung gesehen. Neben der Amputation der Klitoris (auch "Sunna" genannt), ist in vielen Ländern Afrikas die "Infibulation", bei der die Schamlippen abgeschnitten werden und die Öffnung bis auf wenige Millimeter zugenäht wird, sehr weit verbreitet. 130 Millionen betroffen Urinieren und Menstruieren sind mit quälenden Schmerzen verbunden. Es kommt immer wieder zu Entzündungen der Unterleibsorgane und erheblichen Komplikationen bei der Geburt eines Kindes. Weltweit sind mehr als 130 Millionen Mädchen und Frauen betroffen. Bei der vergangene Woche in Wien abgehaltenen Konferenz zur Prävention und Eliminierung von weiblicher Genitalverstümmelung wurde die Bedeutung dieses Themas in Europa unterstrichen. Viele Europäerinnen seien erst durch das Buch des Topmodels Waris Dirie, die über ihre eigene Verstümmelung schrieb, auf die Problematik dieser Praktiken auch in Europa aufmerksam geworden, so die Organisatorin der Konferenz, Etenesh Hadis. Im Gegensatz zur Meinung vieler Befürworter habe die weibliche Genitalverstümmelung weder religiöse noch hygienische Vorteile für die Frauen. (Elisabeth Boyer)