Brüssel - Tschechien scheint seinen Platz als ehemaliger "Musterschüler" unter den EU-Bewerbern langsam wieder zurück zu erobern. Die EU-Kommission bescheinigt dem Land in ihrem Fortschrittsbericht "erhebliche Fortschritte" bei der Übernahme des EU-Rechtsbestandes im Wirtschaftsbereich, bemängelt aber politische Schwachstellen. Die Reform der öffentlichen Verwaltung sei auch in Tschechien "kaum vorangekommen". Die Modernisierung des Justizwesens geht Brüssel zu schleppend voran. Beides sind für die EU Schlüsselelemente zur Durchsetzung des EU-Rechtsbestandes. Die EU-Kommission fordert außerdem eine wirksame Bekämpfung von Korruption und Wirtschaftskriminalität, um "auf die Sorgen der Bevölkerung einzugehen und ein transparentes Wirtschaftsklima zu schaffen". Scharf gerügt wird auch das Fortbestehen des Frauen- und Kinderhandels. Dagegen könne Prag erste Erfolge bei der Verbesserung der Lage der Roma aufweisen, insbesondere im Erziehungswesen. Die Grenzkontrollen seien noch unzureichend, im Kampf gegen das organisierte Verbrechen und Korruption gebe es "keine substanziellen Fortschritte." Wesentlich positiver fällt das Urteil zu den Wirtschaftsreformen aus. Tschechien sei dank einer funktionierenden Marktwirtschaft "demnächst" fit für den Wettbewerb in der EU. Das Wachstum habe sich wieder eingestellt, niedrige Inflationsraten und eine günstige Handelsbilanz konnten beibehalten werden. "Bedeutende Fortschritte" gab es auch bei der Übernahme des EU-Binnenmarktrechts seit 1999. Allerdings fordert Brüssel einen "klaren Zeitrahmen" für die Aufhebung der anonymen Bankkonten im Kampf gegen die Geldwäsche. Lob erntet Prag für die Liberalisierung des Telekom-Marktes. Dagegen sieht Brüssel Defizite bei der Modernisierung des Stahsektors. Eine wichtige Vorleistung zur Übernahme der gemeinsamen Agrarpolitik der EU erbrachte Prag mit der Einrichtung eines staatlichen Agrarinterventionsfonds. "Besonders befriedigende Forschritte" erzielte Prag beim freien Warenverkehr, Beschäftigung und Sozialfragen. Im Umweltbereich bleibt dagegen noch vieles zu tun. Slowenien erhält zwar ebenfalls ein grundsätzlich gutes Zeugnis von Brüssel ausgestellt. Aber auch hier sieht die EU-Behörde vor allem bei der öffentlichen Verwaltung bisher wenig Reformfortschritte, der Privatisierungsprozess sei zu langsam und halte damit ausländische Investitionen ab. Trotzdem erwartet Brüssel, dass Slowenien "bald" wettbewerbsfähig sein wird. Die rechtlichen und institutionellen Voraussetzungen für eine funktionsfähige Marktwirtschaft seien weitgehend geschaffen. Das Land weise ein stetiges Wachstum aus. Slowenien macht gute Fortschritte Beanstandet wird von der EU-Kommission die weiterhin vorherrschende Stellung der Staatsbanken im Finanzsektor, die einen echten Wettbewerb behindere. Insgesamt hat Slowenien seit 1999 laut EU-Kommission "gute Fortschritte" bei der Übernahme des EU-Rechtsbestandes gemacht, insbesondere in Schlüsselbereichen wie der Landwirtschaft, Umwelt, Energie und freier Waren- und Dienstleistungsverkehr. Als weitere Schwachstellen nennt die Behörde den freien Personenverkehr und den Telekomsektor. Ermahnt wird Laibach, seine Zollfrei-Läden endlich zu schließen, was bekanntlich Österreich seit längerem fordert. Künftig soll Slowenien sein Augenmerk vor allem auf die Grenzkontrollen, lokale Umweltpolitik und öffentliche Aufträge konzentrieren. Die Slowakei, die während des Meciar-Regimes zunächst aus EU-Sicht die politischen Kriterien für eine EU-Mitgliedschaft nicht erfüllte, hat inzwischen ihre demokratische "Reifeprüfung" trotz einiger Defizite bestanden. Preßburg habe sein demokratisches System weiter gefestigt, schreibt die EU-Kommission. Sie bedauert aber, dass der "Reformschwung teilweise wegen Unstimmigkeiten in der Regierungskoalition" abgenommen habe. Etwa im Justizwesen seien Schlüsselelemente der Reform wie die Nominierungsverfahren, die Unabhängigkeit garantieren sollen, noch nicht beschlossen. Taten statt "gute Absichten und gut durchdachte Konzepte für bestimmte Projekte" im Kampf gegen Korruption und Verbrechen erwartet die Kommission, um die bisher "unzureichenden Ergebnisse" in diesem Bereich zu verbessern. Eine "Kluft" zwischen politischen Erklärungen und Durchsetzung ortete die Behörde auch beim Minderheitenschutz. Bisher habe sich die Lage der Roma-Minderheit kaum verbessert. Besser fällt das Urteil zu den Wirtschaftsreformen des Landes aus. "Mittelfristig" werde die Slowakei wettbewerbsfähig sein, falls die Strukturreformen voll abgeschlossen würden, so die Kommission. Gut vorangekommen ist die Privatisierung der Staatsbanken, bei der Bankenaufsicht gibt es dagegen noch Nachholbedarf. Die Behörde befürchtet aber, dass der Haushaltsentwurf für 2001 die mittelfristige Haushaltskonsolidierung gefährden könnte. Im Rückstand ist das Land vor allem bei der Landwirtschaft, Transport, Regionalpolitik und Umwelt, während es bedeutende Teile der EU-Binnenmarktgesetze bereits übernommen hat. Insgesamt zeigt sich Brüssel über die bisherigen Fortschritte der Slowakei zurückhaltend: Es seien "einige erste Schritte eingeleitet worden, um bestimmte mittelfristige Zielsetzungen zu erreichen." (APA)