Der Wahlkampf 1999 war noch nicht vorbei, da musste die FPÖ erstmals ihr Familienkonzept revidieren. Nein, so ganz ernst gemeint sei das doch nicht mit dem Scheck über 5700 Schilling für jedes Kind unter sechs Jahren. Denn für die weiteren Kinder werde es (entgegen der Aussage auf den Plakaten) ein bisschen weniger geben. Es war der Spitzenkandidat zum Nationalrat Thomas Prinzhorn, der die erste Relativierung des Wahlversprechens vornehmen musste - und es blieb nicht die letzte. Denn die FPÖ hat sich mit ihrer Forderung ganz einfach vergaloppiert. Der Kinderscheck sollte ursprünglich einer Mutter von zwei oder drei kleinen Kindern ein anständiges Einkommen bieten, das eine marktgerechte Entscheidung ermöglicht hätte: Ist es für Kinder und ihre Eltern attraktiver, wenn ein Elternteil daheim bleibt - oder wenn sie Teile des Scheckbetrages in außerhäusliche Erziehung investieren? Damit eine solche Entscheidung frei getroffen werden könnte, dürfte es natürlich weder nach unten (etwa Notstandshilfebezieher) noch nach oben (für die vom linken Flügel der FPÖ verachteten "Besserverdiener") Einkommensgrenzen geben. Nur dann wäre jedes Kind gleich viel wert - aber dann wird es eben auch extrem teuer. Inzwischen wurde an dem in zwei Wahlkämpfen strapazierten Modell so lange herumgedoktert, bis es auch bei knappen Kassen irgendwie finanzierbar geworden ist. Man nennt die Sparversion "Kindergeld" und spricht vom "politischen Kompromiss" - obwohl solche Kompromisse zunächst ausdrücklich ausgeschlossen wurden. Kompromisslosigkeit war ja auch das Leitmotiv des freiheitlichen Demokratievertrags von 1998. Vollmundig hatte die FPÖ zugesagt, dass jedes Wahlversprechen auf Punkt und Beistrich eingeklagt werden könnte. Eine Wechselklage für den nicht eingelösten Kinderscheck müsste also ans Ehrengericht der FPÖ gehen. (DER STANDARD Print-Ausgabe, 15. 11. 2000)