Parlament
Fischer erhielt Erklärung zum Völkermord am armenischen Volk
Österreichische Mitschuld im Ersten Weltkrieg - Türkei akzeptiert Genozidthese nicht
Wien - Nationalratspräsident Heinz Fischer ist am Donnerstag im Parlament in Wien eine Petition von Vertretern verschiedener
armenischer Vereinigungen überreicht worden. Die Initiatoren fordern vom österreichischen Parlament eine Anerkennung des Völkermordes am
armenischen Volk, die die Vertreter laut SK-Aussendung als Aussöhnung und nicht als Konfrontation verstehen. Die Türkei lehnt die
Völkermordthese nach wie vor entschieden ab und stellt ihre Propagierung unter Strafe.
Die Grünen hatten im Nationalrat den Antrag gestellt, dass die österreichische Volksvertretung in einer Erklärung den gewaltsamen Tod von
rund 1,5 Millionen Armeniern im Osmanischen Reich während des Ersten Weltkriegs als Genozid einstuft. Eine derartige Erklärung hatte 1998
die französische Nationalversammlung verabschiedet und damit heftigste Proteste der Türkei hervorgerufen.
Nach Erkenntnissen maßgeblicher Historiker wurden die Massendeportationen und der Völkermord an den Armeniern im Ersten Weltkrieg von
dem mit Deutschland und Österreich-Ungarn verbündeten Regime des Sultans generalstabsmäßig geplant und durchgeführt. Viele Armenier
wurden in die syrische Wüste getrieben, um dort elend umzukommen.
Vorbildwirkung für Nationalsozialisten
Viele Zeithistorikeriker verweisen auch darauf, dass der vom jungtürkischen Regime mit Innenminister Talaat Pascha und Kriegsminister Enver
Pascha als Hauptverantwortlichen bürokratisch geplante und mit Wissen der Verbündeten Deutschland und Österreich-Ungarn durchgeführte
Völkermord an den Armeniern "Vorbildwirkung" für die deutschen Nationalsozialisten hatte. Mehrere Aussprüche Adolf Hitlers in diesem
Zusammenhang sind aktenkundig.
In den USA hatte das Repräsentantenhaus zuletzt auf starken Druck aus dem Weißen Haus hin eine vom NATO-Partner Türkei scharf
kritisierte parteiübergreifende Resolution, die den Massenmord an den Armeniern als Genozid einstuft, von der Tagesordnung genommen. Der
Text hatte bereits den Außenpolitischen Ausschuss passiert. Die türkische Regierung hatte den USA unter anderem mit dem Entzug von
Flugrechten der in dem Land stationierten US-Luftwaffenmaschinen gedroht. (APA)