Die Mieter von Wohnungen, die dem Bund oder Ländern gehören, können die Regierung sicher nicht beim Wort nehmen. Denn eine ihrer Ansagen war, die Mieten nicht zu erhöhen. Durch die De-facto-Aufhebung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes für diese Wohnungen passiert genau das Gegenteil. Um privaten Investoren den Kauf der mehr als 100.000 Wohnungen im Bundesbesitz schmackhaft zu machen, wird das Gesetz teilweise aufgehoben. Die neuen Eigentümer werden nämlich das billige Eigenkapital durch teures Fremdkapital ersetzen und die Mehrkosten dem Mieter verrechnen. Auch die derzeit niedrigen Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge werden unter neuer Eigentümerschaft steigen, schließlich müssen private Investoren auf ihre Rendite kommen. Bei Gemeinnützigen Wohnungsgesellschaften hingegen gilt das Kostendeckungsprinzip. Die Option, die Wohnung selbst zu kaufen, wird nur für gut verdienende Beamte wie Richter und Sektionschefs möglich sein. Für den Krankenpfleger und den Gendarmen wird es hingegen schwer werden, die erwarteten 500.000 Schilling pro Wohnung aufzubringen.

Mit der teilweisen Aufhebung des Gesetzes hat die ÖVP ihrer Stammklientel, den Beamten, keinen guten Dienst erwiesen. Was stört, ist nicht so sehr die Tatsache, dass das Gemeinnützigkeitsgesetz teilweise aufgehoben wird - das wurde vor rund zehn Jahren auch in Deutschland gemacht. Allerdings gab es davor eine zweijährige Diskussion über die Für und Wider der Gemeinnützigkeit. Und erst als diese abgeschlossen war, wurde das Gesetz aufgehoben. Die österreichische Regierung aber killt das Gesetz mit einem Handstrich heimlich, still und leise als Randpunkt der Budgetbegleitgesetze. (DER STANDARD, Printausgabe 24.11.2000)