Wien - Zweiter Tagesordnungspunkt der Freitag-Sitzung des Nationalrats war das Politiker-Paket. Einstimmig angenommen wurde dabei die Erhöhung der Politiker-Pensionsbeiträge um weitere 2,5 Prozent vor. Nur mit den Stimmen der Regierungsparteien wurden einige andere Maßnahmen abgesegnet. So werden Förderungsmittel für politische Bildungsarbeit und Publizistik im Umfang von rund fünf Millionen Schilling gekürzt. Dazu werden für die Liberalen und die Lugner-Partei "DU" vorgesehene Mittel einbehalten und nicht an die anderen Parteien verteilt. In der Debatte regnete es gegenseitige Beschuldigungen, nicht am Abbau von Privilegien bei den Politiker-Pensionen interessiert zu sein. Die Opposition fokussierte ihre Kritik auf ehemalige freiheitliche Regierungsmitglieder und den früheren VP-Staatssekretär und jetzigen Nationalratsabgeordneten Günter Stummvoll. Die FPÖ konterte, als einzige Partei bei der letzten Novellierung des Bezügegesetzes mit Nein gestimmt zu haben. SPÖ: Schmid soll nicht "kassieren" Seitens der SPÖ empörte sich der Abgeordnete Günter Kräuter, dass Ex-Infrastrukturminister Michael Schmid (F) für das alte Pensionsmodell optiert habe. Es sei nicht akzeptabel, nach nur neun Monaten Amtszeit "eine Ministerpension zu kassieren", während gleichzeig eine "gigantische Belastungswelle" auf die Bürger zu komme. Noch dazu habe sich Schmid in den neun Monaten einiges geleistet, von der Zerstörung wichtiger Verkehrsprojekte bis hin zum "Mega-Debakel" bei der UMTS-Versteigerung. Kräuters Fazit: Die Regierung starte mit dem Politiker-Paket nur ein "Ablenkungsmanöver". Öllinger: Mehrfachbezüge weiterhin möglich Der Grün-Abgeordnete Karl Öllinger kritisierte die Regelung, wonach weiterhin Mehrfachbezüge bei den Politikerpensionen möglich seien. Unverständlich ist für ihn, warum es möglich ist, mit Hilfe von Abgeordneten-Jahren einen Anspruch auf eine Minister- oder Staatssekretärs-Pension zu erwerben - und dies ohne dass die Abgeordneten Ansprüche geschmälert würden. Betroffen davon wäre etwa Stummvoll, der nicht die nötigen vier Jahre Staatssekretär war. Er erklärte, jederzeit auf die nach altem Recht beantragte Politikerpension zu verzichten, wenn ihm die während 20 Jahren geleisteten Beiträge, Abgaben und Steuern zurückbezahlt würden. Es sei "scheinheilig, unglaubwürdig, unpassend und verlogen", sich jetzt über eine Regelung zu empören, die vor drei Jahren in einem Vier-Parteien-Antrag beschlossen worden sei. Stummvoll glaubt auch, dass die Akzeptanz für die Budgetpläne der Regierung gegeben sei, wenn klar gemacht werde, dass "da oben bei Parteien, Politik, Gesetzgebung und Verwaltung" gespart werde. Er legte dar, dass die Politiker mit der neuen Regelung ein Viertel ihres Einkommens für die Pensionen ausgeben. Solch ein Verhältnis gebe es bei keiner anderen Bevölkerungsgruppe. "Weste"nthaler FP-Klubchef Peter Westenthaler unterstrich, dass nur die Freiheitlichen 1997 der Änderung des Bezügegesetzes die Zustimmung verwehrt hätten. Damit könne die FPÖ als einzige Partei mit Recht behaupten: "Wir haben eine blütenweiße Weste." Dem nunmehrigen Politiker-Paket zollte er Lob. Immerhin würden 100 Millionen Schilling eingespart. Eine weitere Kürzung der Parteienförderung werde zwar überlegt, man habe aber von ihr noch Abstand genommen. Dies sei gut für die SPÖ angesichts ihres Schuldenstands, spottete Westenthaler. Ansonsten hätte man vielleicht den ersten parteipolitischen Konkursfall in der österreichischen Geschichte erlebt. Debatte um Finanzen von FP und SP In der Debatte über die Erhöhung des Pensionsbeitrages für Politiker kam es am Mittwoch im Nationalrat zu heftigen Kontroversen über die Finanzgebarung von Freiheitlichen und Sozialdemokraten. Der Grün-Abgeordnete Peter Pilz wiederum verschärfte seine Vorwürfe gegen Justizminister Dieter Böhmdorfer (F). Gegen den Minister werde von den Finanzbehörden wegen Steuerhinterziehung ermittelt. Seitens der Freiheitlichen kam scharfe Kritik an der SPÖ. Die Sozialdemokraten hätten 350 Millionen Schilling Schulden. Dennoch würden sie ihrem Vorsitzenden Alfred Gusenbauer und ihren Bundesgeschäftsführerinnen Andrea Kuntzl und Doris Bures insgesamt pro Jahr 2,8 Millionen Schilling bezahlen, obwohl alle drei ein Gehalt als Nationalratsabgeordnete beziehen. Diese Bezahlung komme - weil die SPÖ Parteienförderung beziehe - aus öffentlichen Geldern, betonte FP-Klubchef Peter Westenthaler. Kritik übte er auch an der aus seiner Sicht viel zu niedrigen Miete, welche die SPÖ für ihre Parteizentrale in der Löwelstraße an die Stadt Wien bezahle. Rosenstingl Josef Cap (S) konterte mit einem Hinweis auf die Rosenstingl-Affäre. Außerdem zog er das Funktionieren des FP-Sozialfonds in Zweifel, in den alle FP-Politiker jenen Teil ihres Nettobezugs aus öffentlichem Einkommen einzahlen müssen, der über 66.000 Schilling liegt. Er verwies auch auf den früheren freiheitlichen Infrastrukturminister Michael Schmid, der sich für das alte Pensionssystem entschieden hat: "Das ist eine Geisteshaltung, die verstehe ich. Er kann Sie nicht mehr sehen, er will mit Ihnen nichts mehr zu tun haben und im übrigen will ich das verdienen, worauf ich mich immer schon gefreut habe." Die SPÖ sei jedenfalls für eine leistungsgerechte Bezahlung der Politiker und gegen ein "permanentes Aufhetzen" durch Neid. Doppelte Buchhaltung Die Grünen wiederum warfen den Freiheitlichen das Führen einer doppelten Buchhaltung vor. Dieter Brosz zog die von den FP-Mandataren veröffentlichten Angaben über deren Nettogehalt in Zweifel. Pilz wiederum warf Böhmdorfer Verwicklung in Parteienfinanzierung vor. Der freiheitliche Klubdirektor habe in einem konkreten Fall, vor der Ernennung des früheren Anwalts zum Justizminister, fünf Millionen Schilling zu Böhmdorfer gebracht. In den Rechenschaftsberichten der Partei scheine dieses Geld aber nicht auf. "Die Freiheitliche Partei hat nur einen Buchhaltungskreis, wo sämtliche Ausgaben und Einnahmen ordnungsgemäß verbucht werden", wies FP-Finanzsprecher Gilbert Trattner die Vorwürfe der Grünen zurück. Er warf dafür den Sozialdemokraten vor, in ihrer Regierungszeit zu hohe Ausgaben für die Werbung der Ministerien getätigt zu haben. Böhmdorfer-Rücktritt SP-Klubchef Peter Kostelka forderte in der Debatte ein weiteres Mal den Rücktritt Böhmdorfers - und zwar wegen der Ermittlungen in der Spitzelaffäre: "In jedem demokratischen Staat wäre das Grund für den Rücktritt des Justizministers." (APA)