Überdurchschnittlich viele Frauen setzen sich für den Frieden in ihrer krisengeschüttelten Heimat ein. Mehr als hundert von ihnen aus Konfliktgebieten in aller Welt wurden von Swanee Hunt, der ehemaligen US-Botschafterin in Wien, an die Harvard University geladen, um zwei Wochen lang Erfahrungen und Strategien auszutauschen - und wurden sich dabei einmal mehr ihrer Wichtigkeit für den Frieden bewusst. Es ist ein außergewöhnliches Bild, das sich im Wiener Auditorium der Harvard University bildet: wo sonst Jeffrey Sachs seine wöchentliche Vorlesung über Kapitalistische Wirtschaftsentwicklung hält, vermischen sich an diesem Abend Trommelklänge aus Burundi mit Liedern über die Russische Heimat, Tänzen aus Sri Lanka und Mexikanischer Lebensfreude. Die Abschlussveranstaltung des diesjährigen Kolloquiums "Women Waging Peace" (Frauen Führen Frieden) lässt für einen Moment die Konflikte und Kriege vergessen, derentwegen die über hundert Frauen aus aller Welt nach Boston gekommen sind. Stimmen für den Frieden hörbar machen "Es sind die Frauen in den Kriegs- und Krisengebieten, die ihre Stimmen für Frieden und Versöhnung einsetzen", weiß Swanee Hunt aus zahlreichen Gesprächen mit betroffenen und engagierten Frauen in Krisenregionen. Die ehemalige US-Botschafterin in Österreich und nunmehrige Vorsitzende des Instituts für Frauen und Politik an der Harvard University hat sich zum Ziel gesetzt, diese Stimmen für den Frieden hörbar zu machen. Das jährliche Kolloquium "Women Waging Peace", von Hunt 1999 ins Leben gerufen und heuer zum zweiten Mal veranstaltet, soll eines dieser Sprachrohre sein. "Wir Frauen sind nicht mehr länger nur Opfer" Vertreterinnen aus Krisengebieten - von Nordirland bis Südafrika, von Kolumbien bis Kosovo - diskutierten zwei Wochen lang Strategien zu Versöhnung und Dialog. Die Delegationen setzen sich aus Vertreterinnen der involvierten Konfliktparteien und der übergreifenden, regionalen Organisationen zusammen. Wie wichtig es ist, echten Dialog unter allen Betroffenen in Gang zu bringen, weiss jede dieser Frauen, sei es als Parlamentsmitglied, sei es als Aktivistin in Gemeinden und lokalen Friedensbewegungen. "Wir Frauen sind nicht mehr länger nur Opfer, sondern wir sind die treibende Kraft der Wiederherstellung des Friedens und der Zivilgesellschaft in unserer Region", so eine der Delegierten. Diese Kräfte werden im Rahmen des regelmäßigen Kolloquiums erweitert und vertieft. Erweitert, indem das Netz von "Women Waging Peace" jährlich um Delegationen aus weiteren Krisengebieten vergrößert wird. Vertieft, indem die bisherigen Teilnehmerinnen in ständigem Kontakt bleiben und regen Erfahrungsaustausch betreiben. "Ich kannte niemanden in Belgrad, den ich kontaktieren hätte können, doch dann entdeckte ich 'Women Waging Peace' - und email!" ist Marina aus Kroatien von den Kommunikationsmöglichkeiten begeistert. Diese sind wichtiger Bestandteil der Initiative, die sich die neuen Medien zunutze macht, um Frauen in allen Teilen der Welt in ihren Bemühungen für den Frieden zu unterstützen. Investition in Frauen, Stärkung der Frauen und Allianzen mit Frauen Die Stimmen der Delegierten bleiben aber keineswegs nur virtuell. So bildete auch dieses Jahr der "Tag der Politik" den Abschluss der zweiwöchigen Kolloquiums. VertreterInnen aus nationaler und internationaler Sicherheitspolitik, Militär, MenschenrechtsexpertInnen und PolitikerInnen stellten sich in diversen Gesprächsrunden den Fragen der Delegierten und erarbeiteten gemeinsam mit den Teilnehmerinnen Schritte, um den Frieden in den betroffenen Regionen voranzutreiben. “Es geht darum, die Stimmen der Frauen in diesen Ländern zu hören und an den Verhandlungstisch zu bringen”, meint Swanee Hunt und wird darin von Leon Furth, Al Gore’s Nationalem Sicherheitsberater, bestärkt. Er kommt zum Schluss, die Antwort auf die Konflikte in diesen Regionen laute: “Investition in Frauen, Stärkung der Frauen und Allianzen mit Frauen”. Viele der Frauen aus den Krisengebieten setzen sich mit ihrer Teilname dem Risiko aus, in ihrer Heimat als Verräterinnen angesehen zu werden, weil sie Kompromissbereitschaft zeigen und anwenden. Ein Risiko, das aufgewogen werden sollte - im besten Fall nicht mit “Waffenstillstand” und “Stabilisierung” allein, sondern mit dauerhaftem Frieden. Der Weg dorthin ist weit, das ist den Frauen auch nach dem Kolloquium klar. Eines wurde aber in der Abschlussveranstaltung ebenfalls deutlich: Frauen in diesen Krisengebieten sind nicht mehr allein. Sie haben lokale und grenzübergreifende Kontakte geknüpft, die nicht nur das Netzwerk als solches, sondern auch jede Einzelne von ihnen stärkt. (Birgit Radl, Studentin und Schumpeter-Fellow an der Kennedy School of Government, Harvard University) Nähere Informationen zum diesjährigen Kolloquium und konkreten Veränderungen unter www.womenwagingpeace.net