Im vergangenen Jahr veröffentlichte das Simon-Wiesenthal-Center in Los Angeles zum ersten Mal eine CD- ROM mit dem bezeichnenden Namen Digital Hate 2000. Darauf identifizierte das Zentrum weltweit 1426 Webseiten als "problematisch". Es handelte sich um "hate sites", die entweder selbst ihren Hass gegenüber anderen im weltweiten Web ausschütten oder Verbindungen zu solchen Seiten herstellen. Wie etwa die Seite von Nole Page, die sich auf den ersten Blick mit dem kalifornischen Santa Barbara beschäftigt, sich dann aber in eine Seite mit Nazi-Propaganda verwandelt. Nun kam Digital Hate 2001 heraus. Die Zahl der Webseiten mit Hasstiraden gegen Juden, Schwarze oder Angehörige von Minderheiten hat sich in nur einem Jahr verdoppelt. Mehr als 3000 Seiten werden inzwischen als "hate sites" eingestuft. Eine Zunahme, so der Direktor des Zentrums, Rabbi Abraham Cooper, lässt sich vor allem in den USA beobachten, wo das Grundgesetz die Verbreitung von Material garantiert, das in vielen europäischen Ländern als illegal eingestuft werden würde.Vom WC ins Netz "Dieses Material fand sich früher auf öffentlichen Toiletten, nun ist es online." Die Veröffentlichung fällt mit der Kontroverse um Yahoo in Frankreich zusammen. Das Onlineauktionshaus wurde dort gerichtlich aufgefordert, zukünftig Nazi-Material wie Flaggen, Fotografien und Bücher von seiner Webseite zu entfernen. Auch in Deutschland werden Klagen gegen Yahoo überlegt. Der Berliner Rechtsanwalt und Experte für Internetrecht, Niko Härting, beurteilt die Erfolgsaussichten einer möglichen Klage des Zentralrats der Juden gegen den Internetanbieter Yahoo allerdings skeptisch, berichtet Reuters. "Wir kennen in Deutschland mit wenigen Ausnahmen kein Verbandsklagerecht", sagte Härting. Wer klagen wolle, müsse geltend machen, in eigenen Rechten verletzt zu sein. Die japanische Polizei hat am Montag das Tokioter Büro des Internetanbieters Yahoo Japan im Zusammenhang mit Ermittlungen wegen Kinderpornographie durchsucht. Der Leiter einer Tanzschule werde verdächtigt, über die Website des Unternehmens Videos mit Kinderpornographie verkauft zu haben, teilte die Polizei mit. Massive Beschwerden Ein anderer aufsehenerregender Fall betraf im vergangenen Jahr den Onlinebuchhändler Amazon. Erst nach massiver Beschwerde versprach Amazon, zukünftig Hitlers "Mein Kampf" nicht mehr nach Deutschland auszuliefern. Nach der Veröffentlichung von Digital Hate 2000 entfernte Yahoo zwar 39 Gruppen von seiner Suchmaschine. Darunter auch Gruppen, die den Namen Ku Klux Klan benutzten. Doch Don Black, Ku-Klux-Klan-Mitglied und einer der Ersten, der das Web für seine Propagandazwecke nutzte, entging der Säuberung. Seine zwei Webseiten mit Namen Stormfront, darunter eine für Kinder, von seinem elfjährigen Sohn gemanagt, finden sich weiterhin bei Yahoo. Seine Gruppe verfügt über einen eigenen Server und die Seite kostet angeblich nur rund 1000 Dollar im Monat. Ein billiges Medium, wenn damit Millionen User erreicht werden. Das Wiesenthal-Center macht zehn verschiedene Kategorien von "Hass-Seiten" aus. Darunter Seiten, die auf Kinder abzielen, Hass mittels Musik propagieren, den Holocaust negieren oder Anleitungen zum Bombenbasteln bieten. "Arischer Chat" Hasstiraden lassen sich aber auch in Chatrooms, Newsgroups oder digitalen Gemeinschaften finden, wo sich "Arische Schwestern und Brüder" tummeln. Während Cooper für eine Sperre dieser Websites eintritt, hält das Southern Poverty Law Center in Montgomery wenig von einer solchen Zensur. Das Zentrum, das ebenfalls "hate sites" identifiziert, möchte, dass die Gruppen bloßgestellt werden, aber glaubt nicht, dass eine Zensur an deren Existenz etwas ändern würde. (Rita Neugebauer - Der Standard Printausgabe 28.11.00)