Wien - "Die FPÖ wird sich ohnehin aufführen, egal wie zurückhaltend die Stadtregierung sich verhält. Da könnten SPÖ und ÖVP gleich mutig sein." Wenige Tage vor der am Wochenende stattfindenden "Integrationskonferenz" findet Max Koch, Sprecher von SOS-Mitmensch und ehemaliger Geschäftsführer des Wiener Integrationsfonds, wenig lobende Worte für Wiens Migrantenpolitik.

Im Gespräch mit dem STANDARD kritisiert Koch nicht nur die "Miteinander"-Kampagne von Integrationsstadträtin Renate Brauner (SP) als "Miteinanderkitsch, der Gleichberechtigung nicht ersetzen kann", sondern fordert auch die Abschaffung jener Institution, deren Gründung er selbst mitbetrieben hat: "Der Wiener Integrationsfonds hat sich heute überlebt."

Kochs Kritik richtet sich vor allem gegen den "Apparat, der weder NGO noch Magistrat, sondern nur aufgebläht ist". Die Arbeit der einzelnen Fonds-Bereiche sehe SOS-Mitmensch heute bei anderen, sich gleichen Themenschwerpunkten widmenden Dienststellen besser beheimatet. "Weil so die Punze ,Ausländer' wegfiele." Konkret fordert Koch etwa die Übernahme des Jugendzentrums durch den Verein Wiener Jugendzentren, die Umschichtung der Sprachkurse zum Wiener Volksbildungswerk und die Verlagerung der Migranten-Wohnberatung ins Wohnressort. Auch die Außenstellen des Fonds wären, so der SOS-Sprecher, mit den lokalen Gebietsbetreuungen "sehr leicht" fusionierbar.

Dass mit der Auflösung des Fonds dem Lobbying für die rechtliche Gleichstellung von Migranten ein Bärendienst erwiesen würde, glaubt Koch nicht: "Der Fonds fordert zwar das kommunale Wahlrecht - aber daran, dass sich die Wiener Politik da nicht drübertraut, ändert das nichts."

Für Kochs Nachfolger als Fonds-Geschäftsführer, Hannes Seitner, ist die Auflöungsforderung eine "entbehrliche Ferndiagnose. Ich glaube nicht, dass Koch über die Arbeit des Fonds ausreichend informiert ist." Schon als Koch 1998 den Fonds verließ, so Seitner, habe er diesen als "Alibi-Einrichtung" bezeichnet. Seitner: "So gesehen ist seine Forderung nicht neu."

Integrationsstadträtin Renate Brauner war für eine Stellungname nicht erreichbar. "Ein einsamer Rufer, der solche Überlegungen anstellt, tut der Integration nichts Gutes", hieß es aus ihrem Büro. (DerStandard, Print-Ausgabe, 29. 11. 2000, Thomas Rottenberg)