So schön wäre das gewesen. Schon Anfang des Jahres 2001 hätte man damit beginnen können, die 80-jährige Zugehörigkeit des Burgenlandes zu Österreich zu feiern, auch wenn die erst im Dezember fällig wäre. Und dann noch 45 Jahre Ungarnaufstand! Es wäre zu schön gewesen, so über die turbulenten Zeiten hinweg versöhnend. So symbolisch! So historisch! Erst der wahrhaft verworrenen Geschichte des Burgenlandes gedenken. Und dann wählen. Hineinwählen in eine glorreiche Zukunft. Aber dann kam die Geschichte mit der Bank. Bis zum heurigen Juni atmete das Burgenland Aufbruch und Fortschritt. Ein Kriminalfall (SPÖ), ein Beispielsfall roter Seilschaften (ÖVP), eine logische Konsequenz rot-schwarzen Postenschachers (FPÖ), das Resultat fehlender Kontrolle (Grüne) hat die Zuversicht des Landes mit einem einzigen, demütigenden Schlag zunichte gemacht. Statt der Rede vom bevorstehenden pannonischen Silicon Valley, in der Milch fließen sollte und Honig, ging auf einmal wieder die vom witzigen Burgenländer. Und Karl Stix, der beliebte Landeshauptmann, fand in seinen Schuhen plötzlich Dinge, von denen nie irgendjemand hatte glauben mögen, sie könnten ihm - dem Vorzeigeburgenländer, der in Unterpodgoria sich genau so sicher zu bewegen weiß wie in Brüssel - hineingeschoben werden. Der sommerliche Untersuchungsausschuss brachte weder besonders Be-, noch besonders Entlastendes zutage. An Stix blieb die Wiederbestellung des nunmehr einsitzenden Generaldirektors Ernst Gassner hängen, an seinem VP-Vize Gerhard Jellasitz die bis dahin gut funktionierende Koalition mit all ihren Mitwissermöglichkeiten. Und den Burgenländern insgesamt blieb die bittere Erkenntnis, nun ein nach oben noch offenes, nach unten hin mit rund vier Milliarden Schilling begrenztes Binkerl in die so prosperierend gedachte Zukunft schleppen zu müssen. Zu all dem kam, schon im Feber, die Bundeswende. Und damit die sozialdemokratische Einsicht, nun gehe es im Burgenland ums letzte rote Bundesland nach Wien. Der von ÖVP und FPÖ getragene Neuwahlbeschluss im September nährte die Furcht, Schwarz-Blau sei beschlossene Sache. Seit September hat sich freilich einiges entscheidend verändert. Die Krise der Republik färbt auch auf ihr jüngstes Bundesland ab. Die FPÖ trudelt, die steirischen Wahlen (und die Spitzelaffäre) gehen ihr auch im Burgenland an die Nieren. Statt - taktisch auf der Hand liegend - genüsslich auf dem Bankenskandal herumzukauen, haben die Bundesblauen dem Spitzenkandidaten Stefan Salzl das Thema Osterweiterung nahe gelegt. Ein Thema, das der mit sichtbarer Unlust abhandelt, weil er weiß, dass den Burgenländer die mögliche Wiedervereinigung mit Ungarn - und nichts anderes wäre ja ein EU-Beitritt - höchstens ein Problem ist. Aber mit Sicherheit kein Schreckgespenst. Deutlich genug fühlen es die Blauen im Burgenland, dass sie mit diesem Thema nicht viel mehr sind, als die Probanden für einen Anti-Ausländer-Wahlkampf in Wien unter einer neuen Überschrift. Große Hoffnungen hegen die Grünen. Im ruralen Ambiente des Burgenlandes waren sie bislang etwas Marginales. Der Rückenwind des Bundes hat sie in den Umfragen hochgeweht. Alexander Van der Bellen reiste quer durchs Land, den auf einmal interessierten Burgenländern die Grete Krojer ans Herz zu legen. Bei sehr günstigem Wind könnte sie in den Landtag kommen. Rot-Grün ist damit freilich keine abgemachte Sache. Die SPÖ müsste da aus dem Stand über ihren machtverwöhnten Schatten springen. Der aber fällt tief in die oppositionelle Bundespartei. Zweimal nur war SP-Chef Alfred Gusenbauer im Burgenland: beim Parteitag in Oberwart, wo man ihn schlecht hatte ausladen können, und im Kulturstadel zu Buchschachen. Das war's. Flächendeckend präsentabel schien der Vorsitzende den Burgenländern nicht. Ja, es hätte eine schöne, langweilige, geruhsame, burgenländische Landtagswahl 2001 werden können. Aber daraus ist - leider, sagen die Burgenländer - nichts geworden. Stattdessen blickt jetzt die ganze Republik am 3. Dezember gespannt auf ihr jüngstes Bundesland. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 30.11.2000)