Inland
"Wenn ich das nur wüsste" - Binder rätselt über Fälschung
Von STANDARD-Redakteur Michael Völker
Horst Binder ist erleichtert. "Ich hab's ja die ganze Zeit gewusst, dass nicht ich diesen Brief unterschrieben habe. Aber was
nutzt das, wenn es mir niemand glaubt?" Jetzt hat er es zum zweiten Mal bestätigt bekommen: Der Brief, der bei einer
Hausdurchsuchung in seinem Kellerabteil sichergestellt wurde, sei eine Fälschung. Neben einem Privatgutachten, das Binder
selbst in Auftrag gegeben hat, liegt nun auch ein zweites, vom Gericht in Auftrag gegebenes Gutachten vor, in dem der
Graphologe Walter Robert Muckenschnabel zur Ansicht gelangt, dass die Unterschrift nicht die von Binder sei.
Der Inhalt des Briefes: "S. g. Herr Bundesobmann, lieber Jörg! Da verschiedene Anfragen von freiheitlichen
Spitzenfunktionären betreffend der am Beiblatt ersichtlichen Personen an mich herangetragen wurden, ich die einzelnen
Beweggründe jedoch nicht durchschauen konnte, übermittle ich Dir zwei Auszüge aus dem polizeiinternen Computer, wobei
ich Dich ersuche, diese nach Kenntnisnahme zu vernichten." Gezeichnet: Horst Binder.
Wer diesen Brief gefälscht und ihm untergeschoben haben könnte, kann sich Binder nicht erklären. "Wenn ich das nur
wüsste", wiederholt er mehrmals. Er selbst habe keinerlei Vorstellung über die möglichen Hintergründe. Vor allem, da es
auch sinnlos erscheint, ihm einen Brief unterzujubeln, der kriminaltechnisch keinerlei Relevanz hat. Der Brief selbst ist mit 23.
Jänner 1994 datiert, der Postaufgabestempel trägt hingegen das Datum 23. Jänner 1995. In jedem Fall wäre das Delikt
verjährt und hätte weder für Binder noch für Haider strafrechtliche Konsequenzen.
Dennoch wird es ein drittes Gutachten geben. Die Justiz scheint von der Stichhaltigkeit der Expertise des hochbetagten
Graphologen Muckenschnabel nicht überzeugt zu sein und gibt daher eine weitere in Auftrag.
Binder will über die Hintergründe erst gar nicht spekulieren, er schließt nur aus, dass die Ermittler selbst ihm das Schreiben
untergejubelt haben. "Ich weiß nur, dass ich mir nichts vorzuwerfen habe", sagt er im Gespräch mit dem STANDARD. Auch in
seiner Zeit als Personalvertreter habe er stets versucht, seine politische Tätigkeit von seinem Job als Polizeibeamter zu
trennen.
Seit der Aufhebung seiner Suspendierung ist Binder wieder als Koordinator für Jörg Haiders Personenschutz tätig. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 1.12.2000)