Bis vor kurzem hieß es: In der New Economy gelten andere, neue Gesetze. Die jungen Kreativen haben uns vom Krawattenzwang befreit. Gründlichkeit, Termintreue, Verlässslichkeit, all das wurden verhandelbare Größen gegenüber den Chancen der neuen Technologien. Nichts bremste die Wachstumsraten, ganz im Gegenteil: Gewinne, für die gestandene Manager in traditionellen Branchen jahrelang schufteten, machten die whiz kids in einem guten Monat. Gleichzeitig glaubten immer mehr Kommentatoren daran, dass sie Arbeitsweise und die Führungsmodelle der New Economy ein klares Bild abgäben, wie unsere Arbeitswelt in Zukunft aussehen würde. Das Internet und die Telekommunikationstechnologie würde unsere Arbeitswelt stärker verändern als die Erfindung des Telefons, der doppelten Buchführung oder gar des Rads. Das langsame Zerfließen der Internet Bubble auf den Weltmärkten seit Anfang dieses Jahres erlaubt es jetzt, ein Stück Distanz zu dieser Euphorie zu gewinnen und die Unterschiede zwischen Old und New Economy zu ergründen. New Economy ist eine Kulturgemeinschaft Die New Economy wird meistens mit dem Internet-Bereich gleichgesetzt, teilweise mit der Informationstechnologie , und mit bestimmten Bereichen der Telekommunikation. Der Begriff lässt sich aber nicht an Branchen und Arbeitsfeldern festmachen. Die Gemeinsamkeiten, die einen gemeinsamen Überbegriff New Economy rechtfertigen, finden wir auf einer ganz anderen Ebene: Da sind z. B. ein neuer Dresscode, starkes Wachstum, rasantes Tempo, Lifestyleorientierung, Stukturarmut, und die daraus folgenden Verhaltensmuster. Die Gemeinschaft basiert nicht auf Themen, sondern auf kulturellen Eigenheiten und gemeinsamen Problemen, die aus den oben geschilderten Situationen resultieren. Und sie basiert darauf, dass diese Eigenschaften oft stark ideologisiert sind. Die meisten Unternehmen, die das Etikette "New Economy" verdienen, sind Unternehmen, die realtiv jung sind und keine lange, kulturelle Geschichte haben. Auch die meisten Mitarbeiter sind jung, haben wenig Erfahrung und wenig Vorbilder. So finden sie ihre eigenen Wege mit ihrer eigenen Dynamik. Sie arbeiten in dem Bewusstsein, Dinge zu tun, die vorher nicht gemacht, nicht gedacht und nicht erreicht worden sind. Sie gestalten die Zukunft. Und ab und zu riskieren sie Prognosen - keine langfristigen, sondern mittel- und kurzfristige, was uns die Zukunft bringen wird. Old Economy Unternehmen der Old Economy haben meist ein sehr umfangreiches Set an typischen Normen, Strukturen und Mustern. Dadurch bewegen sich die Mitarbeiter auf ausgetretenen Pfaden, aus denen sie oft kaum herauskommen, wodurch sie in ihrer Kreativität und Entfaltung beengt sind. Allerdings können derartige Muster auch Hilfen sein. Man muss nicht alles neu erfinden, kann auf Erprobtes zurückgreifen. Zeit Schnelligkeit ist zum selbstverständlichen Markenzeichen der Branchen der New Economy geworden. Was zu lange liegenbleibt, wird nicht mehr erledigt. "Schnell oder gar nicht", ist die Devise. Einkommen Viele Mitarbeiter der "New Economy" versichern, dass Geld für sie keinen wichtigen Motivator darstellt, und verweisen auf Karrierewege, in denen auch brotlose Stationen eine Rolle gespielt haben. Für fast alle gilt aber, dass die hohen Einkünfte das Gefühl unterstreichen, an einer ganz besonderen Stelle zu stehen. Auch Ansprechparter gehobener Führungskräfte zu sein und in der Öffentlichkeit zu stehen, unterstreicht das Bewusstsein, privilegiert zu sein. Starke Unternehmenskultur Oft treffen Mitarbeiter aufeinander, die über ein ähnliches Bildungsniveau verfügen und geringe Altersunterschiede aufweisen. Sie verbringen viel Zeit miteinander, oft auch ihre Freizeit. Und der Gedanke, privilegiert und zukunftsbeeinflussend zu arbeiten, eint sie und bindet sie aneinander. Daraus ergibt sich:
  • Wissen wird immer stärker zum zentralen Produktionsmittel, und die Wissen-produzierenden Mitarbeiter werden immer anspruchsvoller

  • Die Zukunft wird immer schlechter vorhersehbar. (red)