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Wien - Weihnachten war super. Für den Handel. Weil die Leute wie die Irren Geschenke gekauft haben. Bloß so wirklich überlegt war da nicht alles. Drum stürmten nach Weihnachten nicht die Schenker, sondern die Beschenkten die Geschäfte: Ware im Wert von eineinhalb Milliarden wollte umgetauscht werden - bei einem Gesamtweihnachtseinkaufsvolumen von 19 Milliarden Schilling keine schlechte Quote beim Danebenhauen. Aber nicht alles, was vom Gabentisch kommt, kann wieder auf den Ladentisch. Zumindest nicht auf den des Erstverkäufers. Und davon kann Annemarie Gazsi ein Lied singen, sie ist seit über 30 Jahren im Tauschgeschäft aktiv. Mittlerweile als Prokuristin in einer Tauschzentrale auf der Mariahilfer Straße. "Es sind vor allem Verlegenheitsgeschenke, die bei uns landen", referiert sie. "Bilder, Bücher, Vasen, Spiele - aber genau diese Dinge werden von vielen speziell gesucht." Unmittelbar nach Weihnachten, meint die resolute Dame, die gerade zwischen Bergen von Kindermützen steht und Inventur macht ("Weil wir wissen wollen, wie viel gestohlen wird"), sei aber noch nicht die richtige Zeit, um ungeliebte Geschenke los zu werden: Ihre Warenannahme öffnet sich erst am sechsten Jänner den Warenströmen. Die meisten anderen Tauschzentralen Wiens machen überhaupt gleich Weihnachtsferien. "Seit Textildiskonter wie H&M in Österreich sind", klagt etwa Eleonore Rudolf von der Tauschzentrale auf der Hernalser Hauptstraße, "ist es vorbei mit den guten Geschäften. Das Geschäft hat um 50 Prozent nachgelassen. Früher war nach Weihnachten die beste Zeit, jetzt lohnt sich das Aufsperren in Wirklichkeit oft nicht mehr. Wir sitzen am absterbenden Ast." Auch wenn Annemarie Gazsi dem Pessimismus ihrer Kollegin nicht beipflichten will, gibt sie ihr in der Tendenz Recht: Denn das, was Tauschzentralen früher einbrachten, sind die Läden, in denen Designerklamotten neben Babyrasseln, Kitsch neben Büchern und Sportartikel neben Kunst ("Öl auf Platte, akademischer Maler, ÖS 1950.-" ruft der Preiszettel auf einer Capri-Hafenlandschaft) heute längst nicht mehr. Keine goldenen Nasen "Heute verdient man keine goldene Nase mehr", blickt Gazsi zurück, "wir hätten den Umstieg fast verschlafen." Der begann mit der Öffnung des Ostens: "Seither können wir nur mehr zumindest gute Qualität loswerden. Ramsch nehmen wir gar nicht mehr." Und das, obwohl Tauschzentralen ohnehin nicht wirklich tauschen, sondern Ware bloß auf Kommissionsbasis weitervermitteln. 30 Prozent des erzielten Preises bleiben dem Shop. "Und unsere Damen", ist Frau Gazsi stolz, "haben jahrelange Erfahrung, die können schon sehr gut schätzen, wie viel man mit diesem oder jenem Artikel machen kann." Verkauft werde praktisch alles: 90 Prozent dessen, was einer in die Tauschzentrale bringt, trägt wer anderer nach Hause. Wobei manches natürlich besser geht. "Geschirr zum Beispiel, das ist immer fast sofort ausverkauft." Oder Abendkleidung. "da kommt nach Weihnachten das meiste herein. Über das Wieso habe ich mir schon oft den Kopf zerbrochen - es ist halt einfach so." (Thomas Rottenberg, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 4.1.2001)