Eisenstadt – Seit dem 13. Juli 2000 bereichern zweisprachige Ortstafeln das Straßenbild in 47 kroatisch sprachigen und vier ungarisch sprachigen Gemeinden und Ortsteilen des Burgenlandes. Diesem historischen Akt waren jahrzehntelange, sehr heftige Diskussionen vorausgegangen. Geprägt von den Erfahrungen in Kärnten, wo es einen beträchtlichen Wirbel gegeben hatte, ging man im Burgenland über vorsichtig ans Werk. Die Vorsicht war unbegründet, wie man mittlerweile weiß. "Nema problema" ("Keine Probleme") sagt der Burgenlandkroate zum Halbjahres-Jubiläum. Der Ortstafel-Sturm ist ausgeblieben.

45 Jahre dauerte es, bis mit den zweisprachigen Ortstafeln ein wesentlicher Punkt des Staatsvertrages von 1955 erfüllt wurde. Den Verordnungsentwurf zur Bestimmung der Gebietsteile mit topografischen Bezeichnungen nicht nur in deutscher, sondern auch in kroatischer bzw. ungarischer Sprache schickte noch Bundeskanzler Viktor Klima (S) zur Begutachtung aus. Finalisiert wurde das Langzeit-Projekt von der ÖVP-FPÖ-Regierung und am 13. Juni 2000 war es so weit: Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) enthüllte in Großwarasdorf (Veliko Boristof) die erste zweisprachige Ortstafel. Der "Öster-Reichtum" drücke sich auch in seinen Volksgruppen aus, betonte der Kanzler.

So manche Wortmeldung an Wirtshaustischen ("Stellt 's nur auf, wir werden sie scho niederrama...") hatte befürchten lassen, dass es auch im Burgenland zu Aktionen gegen die dokumentierte Zweisprachigkeit kommen könnte. Bis heute ist aber kein derartiger Fall bekannt. Im Gegenteil, die Bilanz sei eine sehr erfreuliche, meint der Volksgruppenpolitiker Abg. Niki Berlakovich (V), selbst ein Burgenlandkroate. "Sämtliche Befürchtungen, wonach es Konflikte geben könnte, haben sich als leere Ängste erwiesen – Gott sei Dank." Die Burgenländer hätten in dieser Frage politische und demokratische Reife bewiesen.

"Ein guter Schritt"

Landtagspräsident Walter Prior (S), dem politische Gegner nachsagen, durch eine Wortmeldung quasi zum Ortstafel-Sturm angeregt zu haben, stellt klar: "Ich war nicht gegen die Aufstellung, sondern habe ein bisschen Angst gehabt. Mittlerweile hat sich herausgestellt, dass die Angst unbegründet war, dass es wie in Kärnten seinerzeit zu Schwierigkeiten kommen könnte."

Für SPÖ-Klubchef Norbert Darabos, wie Prior ein Burgenlandkroate, war die Lösung des Ortstafel-Problems "ein guter Schritt", auch im Hinblick auf europäische Integration und EU-Erweiterung. Darabos hält die Ortstafeln allerdings nicht für die wichtigste volksgruppenpolitische Errungenschaft: "Wichtiger ist das Schul- und Kindergartenwesen."

Der bei den Grünen für Volksgruppenfragen zuständige Abg. Josko Vlasich – auch er ist Burgenlandkroate – findet, "dass es ein sehr positives Bild macht", wenn er in ein Dorf mit zweisprachigem Ortsschild fährt. Das rufe in ihm das Gefühl hervor, ein gleichberechtigter Bürger des Landes zu sein. Vlasich erinnert aber daran, dass es mit den zweisprachigen Ortstafeln nicht getan ist, sondern auch andere topografische Aufschriften zweisprachig anzubringen sind: "Da fehlt mir noch sehr vieles."

Vlasich empfiehlt auch, sich im Burgenland zu überlegen, die der Verordnung zugrunde liegende 25-Prozent-Klausel für den kroatischen oder ungarischen Bevölkerungsanteil in einer Ortschaft nicht zu beachten, sondern offensiv darunter zu gehen. Ein VfGH-Erkenntnis eine Kärntner Gemeinde betreffend nennt diese Klausel verfassungswidrig. Der Grün-Politiker kann sich auch vorstellen, dass die Landeshauptstadt Eisenstadt eine Ortstafel in allen vier Landessprachen erhält. "Es wäre ein schönes Zeichen einer positiven Entwicklung in Richtung Mehrsprachigkeit." (APA)