Gloria Macapagal Arroyo hat leere Kassen vorgefunden: Die Regierung sei bankrott, musste die neue Präsidentin der Philippinen vom Chefankläger ihres entmachteten Vorgängers Joseph Estrada hören. Wirklich erstaunt dürfte sie das nicht haben. Denn kaum waren im vergangenen Oktober die schweren Korruptionsvorwürfe gegen den damaligen Staatschef Joseph Estrada laut geworden, begann Vizepräsidentin Arroyo auch schon, sich mit einem Aktionsplan auf dessen Nachfolge vorzubereiten. Für die ersten hundert Tage nahm sie sich den Kampf gegen die Armut vor und die Beseitigung des Patronagesystems in der Politik. Mehr Transparenz und Fairness wollte sie auch - Arroyos zentrale Anliegen bestätigten sich nun in ihrer Antrittsrede. Zeit, Wunden zu heilen Es sei an der Zeit, Wunden zu heilen und die Grundlage für echte Reformen zu legen, betonte die 53-Jährige und gab zu: "Es ist eine gewaltige Aufgabe." Bei deren Bewältigung will sie sich vom Vorbild ihres Vaters Diosdado Macapagal leiten lassen. Als dieser Anfang der Sechzigerjahre Staatspräsident war, konnte nur Japan die Philippinen als Wirtschaftsmacht in Asien übertreffen, erinnert sie gerne. Der Unterschied zu Estrada könnte größer nicht sein. Da der einstige Filmschauspieler, der sich durch seine Rollen das Image eines Vorkämpfers der kleinen Leute erworben hatte - zugleich ein Frauenheld, der dem Alkohol und Spielen frönte; hier die Frau aus der Wirtschaftselite des Landes, verheiratet mit einem Anwalt und Geschäftsmann, Mutter dreier Kinder, von der keine Affären bekannt sind und die eine stete Laufbahn verfolgt hat. Nach dem Besuch einer Klosterschule studierte sie mit Bill Clinton in Georgetown in den USA und erwarb dann an der Universität der Philippinen ein Doktorat in Wirtschaftswissenschaft. Ihre Lehrtätigkeit gab sie unter Präsidentin Corazon Aquino 1986 zugunsten einer leitenden Position im Handels- und Industrieministerium auf. 1992 wurde sie erstmals in den Senat gewählt und 1995 mit der höchsten Stimmenanzahl, die je einE KandidatIn erhielt, bestätigt. 1998, als Estrada zum Staatsoberhaupt erkoren wurde, schlug sie in der separaten Wahl für das VizepräsidentInnenenamt den Zweitgereihten um sieben Millionen Stimmen. Geholfen haben soll ihr dabei auch die äußere Ähnlichkeit mit der beliebten Schauspielerin Nora Aunor. "Arroyo ist unsere Hoffnung für die Zukunft", heißt es auf der Webseite der Frau, die mit knapp 1,50 Metern zu den kleinsten PräsidentInnen der Welt gehört . Die mächtige katholische Kirche, das Militär und die Geschäftswelt hat Arroyo jedenfalls hinter sich. Im Übrigen gilt das Motto des Vaters, dem auch sie sich verschrieben hat: "Tu, was rechtens ist, gib dein Bestes, Gott wird sich um alles andere kümmern." (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 25.1.2001)