Wien - Nach drei Tagen des Schweigens hat sich Hans Sallmutter am Freitag zu Wort gemeldet. Und sich vehement gegen die FPÖ-Attacken und gegen seine Ablöse als Präsident des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger gewehrt. An einen freiwilligen Rücktritt denkt er nicht: "Ich bin bis 31. Dezember 2005 bestellt und sehe überhaupt keinen Grund, warum ich auf Zuruf reagieren soll." Die politische Zusammensetzung im Hauptverband basiere auf den Wahlergebnissen bei Arbeiter-und Wirtschaftskammerwahlen. Daher sei es "in jeder Hinsicht nachvollziehbar", dass das Präsidium aus zwei sozialdemokratischen Vertretern und einem Mitglied der ÖVP besetzt werde - habe doch die SPÖ 70 Prozent bei den Kammerwahlen erreicht. Wenn die Koalition einen neuen Präsidenten wolle, müsse sie ein Amtsenthebungsverfahren einleiten.Absetzen, abgesetzt Der Verfassungsjurist Heinz Mayer ist ähnlicher Ansicht: Sallmutter müsse schon eine Pflichtverletzung begehen, um abgesetzt zu werden - eine Ansicht, die an der Universität nicht überall geteilt wird. Andere meinen: Sallmutter sei schon derzeit nur mehr geschäftsführender Präsident, da aufgrund von mehreren schwarz-blauen Beschlüssen in den Budgetbegleitgesetzen das Präsidium seit Jahresende 2000 amtsenthoben sei. Sozialminister Herbert Haupt obliege es nun, ein neues Präsidium zu bestellen - mit neuen Köpfen oder auch nicht. Mit Sallmutter gesprochen hat Haupt am Freitag, entgegen seiner Ankündigung, nicht. Auffallend schweigsam verhält sich der (neben Sozialminister Herbert Haupt) für die Krankenversicherung zuständige Gesundheitsstaatssekretär Reinhart Waneck (FP). Er scheint von anderen Regierungsmitgliedern (wie zuvor schon in anderen Fragen) überrollt worden zu sein. Treibende Kraft bei den Reformplänen ist Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer. Offenbar auch aufgrund der rechtlichen Zweifel über die Absetzung sind die koalitionären Rufe nach einer Ablöse Sallmutters Freitag leiser geworden. Arbeitsminister Martin Bartenstein etwa hat zwar Sallmutter kritisiert, weil dieser zu stark als Regierungskritiker aufgetreten sei, sich aber gegen eine Ablöse zum jetzigen Zeitpunkt ausgesprochen. Zuerst sollten die künftigen Aufgaben der Sozialversicherung besprochen werden. Ähnlich tönte Riess-Passer: Eine Expertengruppe durchforste derzeit die Sozialversicherung. Deren Vorschläge werden Grundlage für weitere Entscheidungen sein. Nach Jörg Haider ist nun auch Riess-Passer der Ansicht, dass es nicht um "Sallmutter raus, FPÖ-Mandatar Reinhart Gaugg rein" gehe: "Die Frage der Parteizugehörigkeit ist egal." Die Bestellung Gauggs, die Haupt Donnerstag noch favorisiert hatte, dürfte damit (vorerst) abgesagt sein. Gerüchteweise war zu hören, dass die Regierung jetzt daran denkt, einen "roten" Experten vorzuschlagen, beispielsweise Wiens Gebietskrankenkassenobmann Franz Bittner, seines Zeichens auch Vorsitzender der Gewerkschaft Druck und Papier. Dazu dürfte es aber kaum einen Sanctus der Gewerkschaft geben, die sich Sallmutter keinesfalls "abschießen" lassen will. (eli/mon/nim/DER STANDARD, Printausgabe, 27./28.1.2001)