Wien - Es lässt sich kurz zusammen fassen: "Die Diversion ist ein großer Erfolg", erklärte Werner Pleischl, Leitender Staatsanwalt im Justizministerium und Mitbegründer der Diversion. "Die jüngsten Zahlen nach einem Jahr Anwendung haben eindeutig gezeigt: Die Diversion bringt eine größere Verfolgungsdichte mit sich, das heißt mehr strafbare Handlungen werden auch tatsächlich verfolgt". Es gebe mehr Sanktionierte, die Opfer würden häufiger Zuspruch erfahren und schließlich gebe es weniger Verurteilte. Unter Diversion versteht man - statt eines förmlichen Strafverfahrens vor dem Richter - eine andere Reaktionsmöglichkeit auf Straftaten wie z.B. Geldbuße oder Tatausgleich. Der Täter wird nicht ins Strafregister eingetragen und das Opfer bekommt rasche Wiedergutmachung und wird wesentlich stärker einbezogen. Ausgenommen sind etwa Sexualdelikte, Raub und Tötungsdelikte. 50.000 diversionelle Anbote Im Jahr 2000 wurden, so Pleischl, rund 50.000 diversionelle Anbote an Verdächtige gemacht. Anbote deshalb, weil kein Verdächtiger die Diversion annehmen muss. Willigt er in die Diversion nicht ein, bekommt er ein Strafverfahren mit Urteil. 80 Prozent dieser diversionellen Anbote, also etwa 40.000, wurden von den Bezirksanwälten bei den Bezirksgerichten ausgesprochen. 5.000 wurden von Staatsanwälten bei den Landesgerichten an Verdächtige heran getragen. Weitere 5.000 Anbote sprachen Richter an den Bezirksgerichten aus. Der Anteil an Diversionsanboten von Seiten der Richter an Landesgerichten ist laut Pleischl verschwindend klein. "Diesen Zahlen stehen 63.000 traditionelle Anklagen und Strafanträge im Jahr 2000 gegenüber", erklärte der Staatsanwalt. Damit seien im vergangenen Jahr 113.000 strafbare Handlungen verfolgt worden. 1999, als es die Diversion noch nicht gegeben hat, gab es 95.000 Anklagen und Strafanträge und etwa 62.000 Verurteilte. Davon konnte man 34.000 echte Urteile nach einer Strafverhandlung vor einem Richter zählen. 28.000 Verurteilungen ergaben sich aber aus Strafverfügungen. Das heißt, es wurden 28.000 Personen nur schriftlich verurteilt, ohne einen Richter gesehen zu haben, erläuterte Pleischl. Weniger Verurteilte Diese Strafverfügungen gibt es mit Einführung der Diversion nicht mehr. Im Vorjahr gab es etwa 38.000 bis 40.000 Verurteilte. Und von den ca. 50.000 Diversionsanboten seien etwa 80 Prozent als erfolgreich einzustufen. "Aus diesen Zahlen kann man lesen, dass es im Jahr 2000 etwa 24.000 weniger Verurteilte gegeben hat als im Jahr davor. Aber diese 24.000 Personen haben freiwillig eine Leistung im Rahmen der Diversion auf sich genommen", stellte Staatsanwalt Pleischl fest. Die Diversion hat mehrere Reaktionsmöglichkeiten zur Verfügung: Die Geldbußen (kommen zu 60 Prozent zum Einsatz), der außergerichtliche Tatausgleich (18 Prozent), die Probezeit (18 Prozent), die Probezeit mit Pflichten - etwa die Pflicht, einen Kurs zu besuchen (drei Prozent) sowie die gemeinnützigen Leistungen (ein Prozent). Die Maßnahmen mit erzieherischer Wirkung sollen, so Pleischl, forciert werden. "Es ist sehr erfreulich, dass der riesige Justizapparat die Einführung der Diversion so klaglos bewältigen konnte", betonte der Staatsanwalt. (APA)