Netzpolitik
Deutschland will gegen Internet-Verkauf von Nazi-Lektüre vorgehen
Wiesenthal-Zentrum machte auf Vertrieb von "Mein Kampf" aufmerksam
Berlin/Gütersloh - Die deutsche Justizministerin Herta Däubler- Gmelin (SPD) will politisch gegen den Verkauf
von Nazi-Lektüre im Internet durch amerikanische Unternehmen vorgehen. Falls sich die jetzt erhobenen Vorwürfe
erhärteten, wolle die Ministerin mit ihrer US-Amtskollegin und dem Medienkonzern Bertelsmann Kontakt aufnehmen, sagte
der Sprecher des Justizministeriums, Christian Arns, am Dienstag auf Anfrage. Ihr Ziel sei es, den Verkauf im weltweiten
Datennetz zu unterbinden. Bei "barnesandnoble.com" & "amazon.com"
Der Sprecher reagierte damit auf einen Hinweis des Simon- Wiesenthal-Zentrums in Los Angeles (Kalifornien). Es hatte
nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" auf den Vertrieb des Hitler-Buches "Mein Kampf" durch zwei amerikanische Internet-Buchhandelsfirmen aufmerksam gemacht. Das Wiesenthal-Zentrum hatte bestätigt, dass "Mein
Kampf" und andere Nazi-Literatur über "barnesandnoble.com" an dem auch mit rund 40 Prozent die Bertelsmann AG
(Gütersloh) beteiligt ist, und "amazon.com" auch in Deutschland bezogen werden könne.
Volksverhetzung
Der Ministeriumsprecher stellte klar, dass in der Bundesrepublik Deutschland der Verkauf von "Mein Kampf" wegen
Volksverhetzung und anderer Delikte unter Strafe steht. Dies sei in den USA nicht der Fall. Deshalb könne Deutschland bei
einem Rechtshilfeersuchen nicht auf amerikanische Unterstützung rechnen. "Es ist ein Problem der Verfolgung in der
internationalen Zusammenarbeit", meinte der Sprecher. Etwas anders sei es, wenn Verantwortliche der Firmen nach
Deutschland reisen sollten. Dann könne die deutsche Justiz eingreifen.
Bertelsmann-Sprecher Manfred Harnischfeger sagte, dass der Konzern seinen Mitgesellschafter, die
US-Buchhandelskette Barnes&Noble, auf die Gesetzeslage in Deutschland hingewiesen habe. Bertelsmann setze sich
dafür ein, dass in Zukunft keine nationalsozialistische Propaganda mehr nach Deutschland geliefert werde. Man sei
allerdings nur Minderheitseigner von "barnesandnoble.com".
Harnischfeger betonte zugleich, dass die im vorliegenden Fall von Bertelsmann angestrebte Regelung das grundsätzliche
Problem der Abwägung zwischen dem Recht auf freie Meinungsäußerung und dem Schutz der Demokratie vor
extremistischen Einflüsse auf globaler Ebene nicht löse. Deshalb müssten Politik und Wirtschaft darauf hinwirken, den
internationalen Rechtsrahmen für E-Commerce zu harmonisieren. (APA/dpa)