Brüssel - Die nächste Reform der EU-Verträge sollte bereits Ende 2003 oder Anfang 2004 beschlossen werden, nicht erst Ende 2004 nach den Direktwahlen zum Europäischen Parlament und kurz vor der Ernennung der nächsten EU-Kommission. Dafür sprach sich der für die EU-Institutionen zuständige EU-Kommissar Michel Barnier am Dienstag vor dem institutionellen Ausschuss im Europäischen Parlament in Brüssel aus. Unklar ist noch der Rahmen für die kommenden Reformverhandlungen, bei denen es vor allem um eine klare Abgrenzung der Aufgaben zwischen Brüssel und den Mitgliedstaaten und eine europäische Verfassung gehen soll. Etliche Abgeordnete plädierten für die Einrichtung eines "Konvents" oder "Forums" mit Vertretern der Regierungen, nationaler Parlamente und des Europa-Parlaments gemäß dem Erfolgsmodell der Grundrechte-Charta der EU. Dagegen gab Barnier zu bedenken, dass ein Konvent nur einstimmig Beschlüsse fassen könne. Damit drohten sich die Arbeiten zu verzögern. Am Schluss werde ohnehin wieder eine zwischenstaatliche Regierungskonferenz stehen, die über die Vertragsänderungen entscheide. Aber auch der französische EU-Kommissar sprach sich für transparente Verhandlungen und eine möglichst breite Öffentlichkeitsdebatte aus. Die nationalen Parlamente sollten besser eingebunden werden. Sie könnten etwa bei bestimmten Ratstagungen der Fachminister vertreten sein. Derzeit leiden die EU-Vertragsrevisionen unter der demokratiepolitischen "Fehlkonstruktion", dass sie praktisch hinter verschlossenen Türen von den EU-Regierungen ausgehandelt werden. Das Europa-Parlament darf zwar zwei Vertreter in die Regierungskonferenz entsenden, die ihre eigenen Vorstellungen einfließen lassen. Bei der Annahme des neuen EU-Vertrages hat das Parlament aber kein Mitspracherecht. Es könnte ihn lediglich symbolisch ablehnen. Der österreichische Abgeordnete Johannes Voggenhuber empfahl, das Parlament solle seine Zustimmung zum Vertrag von Nizza von der Ausgestaltung des "Nach-Nizza-Prozesses" abhängig machen, der in die nächste Regierungskonferenz 2004 münden soll. Der FPÖ-Abgeordnete Gerhard Hager begrüßte in einer Aussendung den Vorschlag Barniers, die nationalen Parlamente wirksamer in die Verhandlungen einzubinden und wandte sich gegen Voggenhubers in einem Zeitungsinterview gemachten Vorschlag der "Revolution und Entmachtung des EU-Ministerrates." Eine erste Erklärung über die Zielsetzungen der europäischen Integration soll unter belgischem EU-Vorsitz in Laeken (Brüssel) verabschiedet werden. (APA)