Wien - "Es muss Jugendlichen bewusst werden, dass der Besitz illegaler Drogen, egal welcher Menge, verboten ist" - so zufrieden kommentierte Wiens FPÖ-Stadträtin Karin Landauer den Beschluss. Andere FPÖ-Politiker folgten, mit zufriedenen bis enthusiastischen Reaktionen: Im Hauptausschuss des Nationalrates haben die Regierungsparteien ÖVP und FPÖ Mittwoch beschlossen, dass die Grenzmenge für Heroin von fünf auf drei Gramm gesenkt wird. "Ein wichtiger Schritt zur Bekämpfung der Suchtgiftkriminalität, der ausschließlich Dealer trifft", so sieht Gesundheitsstaatssekretär Reinhart Waneck (FPÖ) die Änderung der Grenzmenge, die seit der Suchtmittelgesetznovelle 1998 gegolten hatte. Kritiker beurteilen die Änderung völlig anders: Praktisch alle Experten, etwa der Verein der Drogenfachleute, die Referenten aller Landesregierungen (bis auf Kärnten) und Sachverständige wie der Wiener Drogenkoordinator Peter Hacker sehen die Novelle als Demontage des Prinzips "Therapie statt Strafe". Bedeutet doch die Grenzmenge die Grenze zwischen Verbrechen und Vergehen: Wird jemand mit weniger als der Grenzmenge erwischt, kann von einem Strafverfahren zugunsten einer Therapie abgesehen werden, hat jemand mehr dabei, wird er als Drogenhändler bestraft. Mit der Absenkung der Grenzmenge, fürchten Hacker und seine Kollegen, "landen mehr Süchtige im Gefängnis". Grenze zu Verbrechen Seit dem Inkrafttreten der Suchtmittelgesetznovelle 1998 ist die Zahl der als "Verbrechen" gewerteten Delikte im Drogenbereich zurückgegangen: Waren 1997, vor der Novelle, in Wien noch 1090 Personen angezeigt worden, waren es 1999 nur mehr 691. Angestiegen ist die Zahl der Anzeigen, die mit der Auflage einer Probezeit von zwei Jahren zurückgelegt wurden: 1997 waren es 5817 Anzeigen, im Jahr 1999 dann 6699. Mit der nun beschlossenen Novelle könnte die Zahl der Anzeigen wieder steigen. Damit werde der "Kleindealerei" entgegengetreten, argumentierte ÖVP-Gesundheitssprecher Günter Leiner. Finanzierten einige Süchtige doch ihre Sucht mit Dealerei. Gesundheitsstaatssekretär Waneck betonte, dass der Grundsatz "Therapie statt Strafe" durch die Novelle nicht angetastet werde. Zudem seien die Mittel für Drogenprävention "kaum" gekürzt worden: 1999 standen dafür 25 Millionen Schilling zur Verfügung, im Vorjahr waren es 23 Millionen. Die Senkung der Heroin- Grenzmenge wird in der nächsten Nationalratssitzung beschlossen. Weitere Grenzmengen-Verordnungen, etwa bei Haschisch, werden folgen, lässt Waneck ankündigen: "Das war nur ein erster Schritt." (DER STANDARD Print-Ausgabe, 8. 2. 2001)