Der französische Chip- Hersteller Gemplus hat seinen neuen Chef mit einem Eintrittsbonus von 112 Mio. Euro geködert.Standard -Korrespondent Stefan Brändle aus Paris Gemplus ist ein typisches europäisches Unternehmen der Mittelklasse, das vom Technologieboom der letzten Jahre profitierte, sich jetzt aber in einem zunehmend härteren Umfeld vorfindet. Der in Gemenos (bei Marseille) 1988 gegründeteBetrieb zählt heute 7000 Mitarbeiter, die elektronische Chips, so genannte "smart cards", herstellen. Mit einem Marktanteil von 41 Prozent bei den SIM-Mobilfunkkarten und 31 Prozent bei den Kreditkarten-Chips ist Gemplus klarer Weltmarktleader seiner Sparte - dieses Jahr dürfte der Umsatz 1,1 Mrd. Euro erreichen. Die dritte Handy-Generation UMTS und die Prognosen des US- Chipmarktes sind zudem äußerst viel versprechend. Doch die Konkurrenz - wie etwa Schlumberger in den USA - holt auf und kommt heute auch schon auf jährliche Zuwachsraten von gut 30 Prozent, während Gemplus seit 1995 um durchschnittlich 36 Prozent wuchs. Um sich für die Zukunft besser zu wappnen, sah sich die südfranzösische Hightechfirma veranlasst, den Börsengang zu wagen und einen hochkarätigen CEO anzuheuern. Bei dem ehemaligen Hewlett-Packard-Manager Antonio Perez wurde sie vor einigen Monaten fündig. Der 54-jährige Spanier erhielt einen Eintrittsbonus von 61 Mio. Euro in Aktien und 51 Mio. Euro an stockoptions. Dies vermeldete zuerst die Londoner Zeitung Financial Times. Eine Firmensprecherin wollte die Zahlen weder dementieren noch bestätigen, doch nach den weniger konkreten Angaben Börsenprospektes können die Zahlen stimmen. Perez erhielt einen Teil der Titel zudem mit einem Abschlag (Discount) von 42 Prozent. Im Gegenzug verpflichtet er sich, vier Jahre bei dem Unternehmen zu bleiben und seine Geldpapiere zwischen ein und zwei Jahren zu halten. Wahrlich ein "golden hello", wie Amerikaner solche Begrüßungsgeschenke nennen. Investoren zeigten sich von diesen Zahlen durchwegs überrascht, wenn nicht konsterniert. Denn gleichzeitig versuchte ihnen Gemplus teure Firmenaktien anzudrehen: Bei dem Börsengang von Ende 2000, bei dem 15 Prozent des Firmenkapitals in Paris und an der New Yorker Nasdaq plaziert wurden, musste Gemplus den Ausgabepreis deutlich senken. Von den gut 700 Mio. Euro Unternehmenskapital, das an die Börse kam, macht Perez’ Begrüßungsbonus allein ein Siebtel aus. Bei Gemplus rechtfertigt man dies mit dem Hinweis, der neue Generaldirektor sei eben ein gesuchter Mann, und man habe ihn "unbedingt haben wollen". In der französischen Öffentlichkeit hat die Meldung von der fürstlichen Vergütung Kopfschütteln ausgelöst. Allerdings gewöhnen sich die Franzosen langsam an die Ankunft amerikanischer Entlohnungssitten. Auch wenn die Pariser Spitzenpatrons ihre Saläre meist verheimlichen, zirkulieren darüber zunehmend Meldungen. Laut dem Pariser Wirtschaftsmagazin L'Expansion räumten die vierzig Firmen des Pariser Börsenindexes CAC 40 ihren leitenden Mitarbeitern 2000 Aktienoptionen im Gesamtwert von 12,8 Mrd. Euro ein - Antonio Perez ist also in guter Gesellschaft. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 10.2.2001)