Wohl selten haben Wahlkampfplakate mehr erheitert als dieser Tage die nur scheinbar simplen der Freiheitlichen in Wien. Kein Hilmar Kabas, der aus Vorfreude auf geile Mehlspeisen grinst, auch keine Helene Partik-Pablé, die vor Sauberkeit strahlt: Die Kreativdirektoren der hauseigenen Agentur MCA beschränken sich auf minimalistische Slogans auf grellgrünem oder knallrotem Grund. Auf Slogans allerdings, die das Parteiprogramm ad absurdum führen würden, wären sie wirklich jene der FP. Dass also gerade die Freiheitlichen "Drogen freigeben!" fordern und "Noch mehr Demos!", bringt den Betrachter zum Schmunzeln. Wie damals, Mitte der 90er-Jahre, Peter Bartels und Hans-Hermann Tiedje mit ihren skurrilen bis bissigen Schlagzeilen (samt der legendären Löffler-Frage) für täglich Alles. Und so hofft der Konsument inständig auf viele weitere Überraschungen im grauen Alltag. Doch das schräg gestellte Insert "Rot-Grün" mit der Anmutung, es handle sich um einen Aufkleber, deutet auf anderes hin. Und so soll sich schon der eine oder andere SPÖ-Anhänger an den Kopf gegriffen haben, weil die Genossen derart töricht seien, diese an und für sich sympathischen, aber doch nicht wirklich affichierbaren Forderungen überall anzuschlagen. Grüner Humor, roter Groll Handhabe gegen die Denunzierungen gibt es - abgesehen vielleicht von einer Klage wegen Kreditschädigung - keine. Die Grünen nehmen’s, wie berichtet, mit Humor. Die Sozialdemokraten hingegen mit Groll. Und die Freiheitlichen reiben sich die Hände. Denn ihnen ist es gelungen, Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Schließlich waren sie recht machtlos, als Christoph Schlingensief im Mai letzten Jahres das Schild "Ausländer raus" am Container bei der Oper anbrachte - im unmittelbarer Nähe zum FPÖ-Logo. Nun aber kontern sie perfide: "Wien braucht mehr Ausländer!" Die Freiheitlichen lernen schnell. Und sie verstehen es, den Spieß umzudrehen - indem sie eine künstlerische Strategie, Missstände zu thematisieren, geschickt für Propaganda missbrauchen. Ihr Plakat ist bloß ein Plagiat. Auch wenn es erheitert. (DerStandard, Print-Ausgabe, 13.2.2001/Thomas Trenkler)