Straßburg - Das Europa-Parlament hat am Mittwoch seinen Beitrag für die Beitrittspartnerschaft mit der Türkei angenommen. Überraschend forderten die Abgeordneten, dass die Türkei von den Geldern profitieren soll, die den osteuropäischen Kandidatenländern zur Vorbereitung auf den EU-Beitritt gewährt werden. Sie folgten damit einem Vorschlag des SPÖ-Abgeordneten Hannes Swoboda, der den Bericht des EU-Parlaments erstellt hat. Mit dem Geld sollen der Türkei Reformen der Landwirtschaft und des ländlichen Raumes ermöglicht werden. Die Türkei soll weiters motiviert werden, mehr für die Demokratisierung des Landes zu tun. Die Abgeordneten ließen sich nicht beeindrucken, dass Erweiterungskommissar Günter Verheugen vor der Abstimmung betont hatte, dass für die Unterstützung der Türkei kein Geld vorhanden sei. ÖVP-Delegationsleiterin Ursula Stenzel hatte sich bis zum letzten Moment in ihrer Fraktion gegen die Einbindung der Türkei in die Förderprogramme Sapard und Ispa stark gemacht. Die EU könne nicht Zahlmeister für alles sein, so Stenzel. Wichtiger Schritt für türkischen Beitritt Abgesehen von diesem finanziellen Aspekt, über den aber letztlich die EU-Mitgliedsländer im EU-Ministerrat entscheiden, waren sich alle Parteien einig, dass mit dem heutigen Bericht ein wichtiger Schritt am Weg zur Beitrittspartnerschaft mit der Türkei gemacht sei. Sobald die EU alle ihre Pflichten erfüllt hat, sei die Türkei am Zug, ihre Vorstellungen über die künftigen Beziehungen zur EU zu definieren, so Verheugen. Er hoffe dann auf "die weitreichendste Reform in der modernen Geschichte der Türkei". Denn bei aller Unterstützung für die Türkei ließen die Abgeordneten in der Debatte keinen Zweifel daran, dass die Türkei noch große Reformen nötig habe, ehe sie der Union beitreten könne. "Die Türkei will der EU beitreten, nicht umgekehrt", fasste Verheugen zusammen. Daher müssten die Vorstellungen der EU zu Demokratie, Umgang mit Minderheiten und gesellschaftlichen Werten umgesetzt werden, was noch nicht der Fall sei. Derzeit wird auch schon über Alternativen zum EU-Beitritt der Türkei nachgedacht. Swoboda etwa sagt, wenn innerhalb von fünf Jahren keine konkreten Beitrittsverhandlungen beginnen, dann müsse "eine andere Form der Partnerschaft" gefunden werden. Europa müsse an einer engen Einbindung der Türkei interessiert sein. Sichrovsky regt Weisenrat für Türkei an "Es wäre durchaus vorstellbar, daß die EU eine Art Weisenrat einrichtet, der die Menschenrechtslage in der Türkei kontinuierlich beobachtet und die Bereitstellung von Finanzmitteln von diesem Bericht abhängig macht", regte der freiheitliche Europaabgeordnete Peter Sichrovsky im Europaparlament in Straßburg am Mittwoch an. (APA)