Inland
"Verzetnitsch-Plan" als Spaltpilz im ÖGB
GPA-Chef Sallmutter will Zerschlagung nicht zulassen
Wien/Brüssel - ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch steht zu seinem Plan der Umstrukturierung des Gewerkschaftsbundes. Er
wies den vom Vorsitzenden der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA), Hans Sallmutter, geäußerten Vorwurf der
"Zerschlagung der größten Einzelgewerkschaft" zurück. Dies sei "absolut nicht der Fall", betonte Verzetnitsch, der sich am
Mittwoch in Brüssel aufhielt. Der ÖGB-Chef will seinen Plan beim nächsten Bundeskongress im Jahr 2003 absegnen lassen.
Der Plan, den Verzetnitsch laut SN bei einer Tagung der ÖGB-Bezirkssekretäre vorgelegt hat, sieht die Reduzierung der
derzeit 13 Fachgewerkschaften auf acht Branchengewerkschaften vor. Er ersetzt die ursprüngliche Idee zur Einführung des
Industriegruppenprinzips, die seit Gründung des ÖGB diskutiert wird, deren Umsetzung am Widerstand der
Einzelgewerkschaften gescheitert ist. Durch den "Verzetnitsch-Plan" würde die GPA um die Hälfte reduziert. Tendenziell
bedeutet er eine "Schwächung" der großen Einzelgewerkschaften, neben der GPA die Gewerkschaft öffentlicher Dienst und
die Metallarbeitergewerkschaft.
Kritik an Verzetnitsch
Kritik an der Vorgangsweise des ÖGB-Chefs gab es vom Vorsitzenden der Gewerkschaft Bau-Holz, Johann Driemer. Die
öffentliche Diskussion sei der notwendigen Strukturreform "nicht dienlich und hemmt den weiteren Entwicklungsprozess".
Jetzt seien praktisch "alle Mitglieder und Funktionäre aufgerufen, sich an dem Diskussionsprozess in der Öffentlichkeit zu
beteiligen". Keine Stellungnahme wollte am Mittwoch der einflussreiche Vorsitzende der Metallarbeitergewerkschaft, Rudolf
Nürnberger, abgeben.
"Knochen, an dem man herumnagen kann"
Verzetnitsch begründet seinen Vorstoß damit, dass der Gewerkschaftsbund den Veränderungen der Arbeits- und
Wirtschaftswelt Rechnung tragen müsse. "Das schließt eine Neustrukturierung der Gewerkschaften und des ÖGB bis hinein
in die Bezirksebene mit ein." Man werde jedenfalls darüber reden müssen, welche zentralen Aufgaben der ÖGB
wahrzunehmen habe oder welche Aufgaben der Landesorganisation zukommen. Sein Vorschlag sei "jetzt der Knochen, an
dem man herumnagen kann". Jedenfalls entspreche der Plan auch in den Grundzügen der Struktur, die die GPA selbst habe.
"Die orientiert sich jetzt auch nach den Wirtschaftsbereichen." (DER STANDARD Print-Ausgabe, 15. 2. 2001)