Die Nachfrage nach plastischer Chirurgie verschiebt sich in den USA ins frühe Teenageralter. Immer mehr Mädchen und junge Frauen überantworten sich dem Messer und lassen sich die Brust vergrößern, Nasen korrigieren oder das Bauchfett absaugen. Im vergangenen Jahr führten SchönheitschirurgInnen annähernd 30.000 Operationen an Teenagern durch. Mehr als 2000 wollte eine Brustveränderung, etwa die gleiche Zahl wünschte sich das Fett vom Bauch. Das ist eine fast 100-prozentige Zunahme in nur zehn Jahren. "Siliconas" in Florida Der Trend ist am augenfälligsten in Bundesstaaten wie Kalifornien oder Florida, wo die Körperkultur extreme Formen angenommen hat. In Miami Beach gehören leicht bekleidete Models ebenso zum Straßenbild wie muskulöse Schwule, die ihren nackten Oberkörper in Outdoor-Cafés zur Schau stellen. "Wir nennen sie ,Siliconas'", erklärt Brian, ein Kellner, und deutet auf eine voluminöse Latina. "Man sieht sofort, dass das kein Werk der Natur ist." Und es sind nicht nur junge Frauen, die mit ihren natürlichen Formen unzufrieden sind. Männer lassen sich die Augenlider liften, den Po abrunden oder den Penis verlängern. Während Schönheitschirurgie für 30-Jährige in den USA längst kein Thema mehr ist, beunruhigt der Trend bei Teenagern. "Das Problem mit Teenagern ist, dass die oft gar nicht genau wissen, was sie selbst wollen. Sie folgen dem Druck ihrer KlassenkameradInnen und dem Modediktat", sagt der Chirurg Gregory Dick, der, wenn auch zögerlich, im Schnitt vier Teenager pro Monat "verschönert". Meistens sei es jedoch eine Nasenkorrektur. Früher Druck In den USA beginnt der Druck ungeheuer früh. Schon Zehnjährige äußern sich negativ über ihren Körper oder fürchten, zu dick zu sein. Das Paradoxe ist, dass sich enorm viele Teenager falsch ernähren, kaum Sport treiben und schlichtweg fett sind. Gleichzeitig werden sie jedoch von allen Seiten mit Ratschlägen zur richtigen Diät bombardiert. Sie sind ein gigantischer Markt und auf der ständigen Suche nach Perfektion. Dies führt zu noch mehr Konsum und letztendlich Depression darüber, dieses Ideal nie zu erreichen. "Es ist schwer, ein Mädchen zu finden, das mit seiner Figur oder ihrer Brust zufrieden ist", meint die Ärztin Susan Otero. "Irgendwas ist immer falsch." Hinzu kommt, dass die Videospiele dieses Bild noch verstärken. Auch dort vermitteln die Heldinnen mit Wespentaille und die Kleidung sprengender Oberweite nicht gerade ein realistisches Bild von Weiblichkeit. (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 16.2.2001)