Wien - Anlass für einen großen Publikumsandrang im Museumsquartier war vergangenen Freitag die erstmalige Präsentation der neuen Räume der Kunsthalle Wien und die Performance VB45 der in New York lebenden Künstlerin Vanessa Beecroft. Nach dem verspäteten Einlass lief eine irritierte Menge durch die noch "jungfräulichen" Hallen, sich weniger für die von Direktor Gerald Matt vorgestellte architektonische Konzeption des Hauses interessierend, als vielmehr von der Angst getrieben, die dreistündige Performance zu verpassen. Der Peepshowcharakter der Veranstaltung wurde in der brillant choreografierten Publikumsverwirrung insofern verstärkt, als Hunderte Menschen durch eine schmale Eisentür in das obere Stockwerk des Hauses geschleust werden mussten. Dort versammelten sich die Besucher um die in quadratischer Formation aufgestellten Models, die außer den Designerstiefeln von Helmut Lang ein Ganzkörper-Make-up trugen. Sie standen, setzten sich aufgrund von Ermüdungserscheinungen und wechselten die an klassische Gemälde erinnernden Posen, bemüht, Langeweile und Gleichgültigkeit auszustrahlen. Die normierten Identitätsangebote der Fashionindustrie und damit einhergehenden Entindividualisierungstendenzen der schönen neuen Welt sind die Themen, die die Künstlerin reflektiert haben will. Eventuelle (Fehl-)Interpretationen, die die Performance etwa der Bedienung eines männlichen Voyeurismus bezichtigen, mussten zugunsten der Breitenwirksamkeit in Kauf genommen werden. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19. 2. 2001)