Kunst
New York: Anstandsrichtlinien und Zensur für Kunstmuseen
Nackter weiblicher Jesus erregt die Gemüter
New York - Wegen der Darstellung einer nackten schwarzen
Frau als Jesus Christus in einer New Yorker Kunstausstellung hat der
konservative Bürgermeister Rudolph Giuliani jetzt die Zensur aller
öffentlich geförderten Museen und Galerien angekündigt. Giuliani werde
dafür eigens eine "Kommission für Anstand" berufen, heißt es. Das Gremium werde
"Standards für Schicklichkeit" ausarbeiten, an denen sich alle
Kultureinrichtungen zu orientieren hätten, die mit Steuergeldern
gefördert werdenPolitische Gegner fürchten um die New Yorks Reputation als Welthauptstadt der Kultur
Die Ankündigung stieß sofort auf scharfe Kritik. "Das klingt wie
Berlin 1939", sagte der Bürgermeister des Stadtbezirks Bronx,
Fernando Ferrer, der "New York Times". Und der Bewerber um den
Gouverneurs-Posten im Bundesstaat New York, Carl McCall, erklärte:
"Eine Kommission für Anstand sollte lieber die politischen
Machenschaften im Rathaus untersuchen." Philippe de Montebello,
Direktor des Metropolitan Museum of Art, sagte, die Bildung der
Zensur-Kommission untergrabe die "Reputation New Yorks als
Welthauptstadt der Kultur".
Bild sei legitime Kritik an der Kirche, sagt die Künstlerin
Die Maßnahme des streng katholischen Bürgermeisters war durch eine
Foto-Installation der international bekannten Künstlerin Renee Cox
im Brooklyn Museum of Art ausgelöst worden. Sie selbst ist auf dem
Bild mit dem Titel "Yo Mama's Last Supper" nackt in Jesu-Pose umgeben
von zwölf schwarzen Aposteln zu sehen. Die gebürtige Jamaikanerin, die katholisch erzogen wurde, sieht ihr Bild des Letzten Abendmahls als legitime Kritik an der Kirche, unter anderem an der Weigerung Roms, Frauen als Priester zuzulassen. "Warum soll eine Frau nicht Christus sein? Wir sind die Lebensspenderinnen", sagte Cox.
Giuliani will gegebenenfalls bis vors Oberste Gericht
"Ich werde sehen, welche Strafen dafür zur Verfügung stehen", sagte der Bürgermeister, als er
durch einen Zeitungsbericht vom dem Bild erfuhr. Es ist Bestandteil
einer Ausstellung mit Arbeiten von 94 schwarzen Fotografen. Bereits 1999 hatte Giuliani die Entfernung eines ihm nicht
genehmen Bildes aus der Ausstellung "Sensation" verlangt. Es handelte
es sich um die Darstellung der Jungfrau Maria als Schwarze mit
Elefantendung auf einer Brust und Ausrissen aus Porno-Zeitschriften
auf dem Kleid. Giuliani scheiterte damals jedoch vor einem
Bundesgericht, das erklärte, er habe die Meinungsfreiheit verletzt.
Giuliani kündigte am Donnerstag an, dieses Mal gegebenenfalls bis vor das Oberste Gericht zu ziehen. (APA/AP)