Klagenfurt - Eine vernichtende Bilanz über die Finanzpolitik unter seinem Vorgänger Christof Zernatto zog am Montag der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider (F). Laut einem Rohbericht des Rechnungshofes seien von 1991 bis 1999 unter der Regierungszeit Zernattos die Schulden des Landes Kärnten und seiner Gemeinden von 9,9 auf 21,7 Milliarden Schilling gestiegen, was einem Zuwachs von 119 Prozentpunkten entspreche. Der österreichische Durchschnitt betrage hingegen nur 59 Prozent, erklärte Haider vor Journalisten in Klagenfurt. In den Jahren 1991 bis 1999 sei nach den Worten Haiders "die Schuldenpolitik völlig aus dem Ruder gelaufen". In dieser Zeit sei die durch die enorme Verschuldung des Landes und der Gemeinden bedingte Pro-Kopf-Verschuldung auf 38.425 Schilling angewachsen, womit Kärnten nach Niederösterreich (rund 45.800 S) an zweiter Stelle rangiere. Der Schuldenstand des Landes allein habe per Ende 1999 rund 13,9 Mrd. S ausgemacht, was seit 1991 einem Zuwachs von 9,3 Mrd S oder 202 Prozentpunkten entsprechen würde. Im österreichischen Durchschnitt betrage die Steigerung hingegen nur 68 Prozent. Haider wies weiters darauf hin, dass in den Jahren 1991 bis 1999 laut RH-Bericht in Kärnten der Netto-Vermögenszuwachs geringer als die Netto-Neuverschuldung gewesen sei. Dies hätte dazu geführt, dass sogar für laufende Pflichtausgaben Kredite aufgenommen werden mussten. "Wenn das eine Firma machen würde, müsste sie den Weg zum Konkursrichter antreten", sagte der Landeshauptmann. Ende 1999 hätte jeder Kärntner allein für den Zinsendienst 1.229 S bezahlen müssen. Auch habe sich von 1991 bis 1999 der Zinsen- und Tilgungsdienst von 742 Mill. S auf fast zwei Mrd. S erhöht, was einem Zuwachs von 169 Prozentpunkten - österreichischer Durchschnitt 47 Prozentpunkte - gleich komme, erläuterte Haider. Kärnten Schlusslicht Der Rechnungshofbericht würde laut Haider beweisen, dass das im vergangenen Jahr eingeleitete radikale Schuldenabbauprogramm richtig und das eingeschlagene Tempo nicht zu hoch sei. "Wir müssen dramatisch sanieren", gab der Landeshauptmann zu bedenken. Deshalb solle alles daran gesetzt werden, um den Schuldenstand des Landes von derzeit rund 15 Mrd. S auf Null zu reduzieren. Die Gemeinden forderte Haider auf, die Schuldenabbaupolitik gemeinsam mit dem Land durchzuführen. Davon würden künftig auch die Bedarfszuweisungen abhängig gemacht. Landesfinanzreferent Karl Pfeifenberger (F) wies darauf hin, dass trotz des enormen Schuldenzuwachses in den Jahren 1991 bis 1999 fehlende Freiräume im Budget vorhanden und Kärnten von der Kaufkraft her das Schlusslicht Österreichs gewesen sei. Deshalb sollten die Netto-Neuverschuldung auf Null gedrückt und künftige wirtschafts- und sozialpolitische Investitionen ohne Neuverschuldung durchgeführt werden. Sein Ziel sei es jedenfalls, "die Schulden abzubauen und die Vermögenswerte des Landes geschickt einzusetzen", versicherte Pfeifenberger. Der Finanzreferent will im Hinblick auf seine Politik nach dem Vorbild Salzburgs ein Gesetz beschließen lassen, das die Aufnahme neuer Schulden, außer in Krisenzeiten, verbietet. Er habe diesbezüglich auch schon positive Signale aus der ÖVP erhalten, sagte Pfeifenberger. Die Finanzreferenten Kärntens in den Jahren 1991 bis 1999 waren die SP-Politiker Max Rauscher und Peter Ambrozy sowie Zernatto. Ambrozy sieht die Schuld bei Haider Die negative schuldenpolitische Entwicklung in Kärnten ist nach den Worten des Kärntner SP-Vorsitzenden LHStv. Peter Ambrozy "in erster Linie" in der ersten Amtszeit von Landeshauptmann Jörg Haider eingeleitet worden. "Wenn Haider versucht, Sündenböcke zu finden, muss er sich zuerst selbst bei der Nase nehmen", sagte Ambrozy am Montag zu der vom Landeshauptmann gezogenen Bilanz über die Finanzpolitik Kärntens in den Jahren von 1991 bis 1999. Ambrozy wies vor Journalisten darauf hin, dass die SPÖ 1989 die absulute Mehrheit an die FPÖ verloren hat und diese in der Folge bis 1991 mit der ÖVP koalierte. Damals seien gegen den Willen der SPÖ und des SP-Finanzreferenten Max Rauscher "Katastrophenbudgets" zustande gekommen. Auch hätte die FPÖ seine, Ambrozys, Finanzpolitik (Ambrozy war von 1993 bis 1994 Finanzreferent, Anm.) "damals als den richtigen Weg anerkannt". Unter dem jetzigen FP-Finanzreferenten Karl Pfeifenberger nehme hingegen Kärntens Finanzpolitik "eine gefährliche Entwicklung", sagte der SP-Vorsitzende. Jetzt werde nämlich ein Ausverkauf des Guthabens des Landes, etwa der aushaftenden Wohnbauförderungen und der Kärntner Elektrizitäts AG, betrieben. Auf der anderen Seite würden bei den aus der Landesverwaltung ausgegliederten Landesspitälern jährlich zwei bis 2,5 Milliarden Schilling an Schulden hinzu kommen. "Das Nichtgelingen der von der FPÖ angekündigten Trendumkehr bei der Finanzpolitik ist vorprogrammiert", sagte Ambrozy. (APA)